Unternehmen fühlen sich nicht von Politik vertreten!

Wien, 24.04.2014

Von der aktuellen Wirtschaftspolitik fühlen sich 59 Prozent der Unternehmen schlecht oder sehr schlecht vertreten. Das geht aus der KSV1870 Umfrage zum Thema „Wirtschaftsentwicklung und Unternehmensfinanzierung“ hervor, an der rund 1.400 Unternehmen teilgenommen haben. Noch drastischer: 73 % sind der Ansicht, dass von der Politik nicht genug getan wird, um neue, rechtlich fundierte alternative Formen der Unternehmensfinanzierung zu ermöglichen. Die Erwartungen für die Wirtschaftsentwicklung 2014 sind schaumgebremst, überraschende Zuversicht herrscht hinsichtlich der Aussichten für die eigene Auftragslage. Bankkredite sind bei den Befragten nur mäßig populär. Persönliche Haftungen scheinen an der Tagesordnung zu sein.
 
„Dass sich 59 Prozent der Betriebe nicht von der Wirtschaftspolitik vertreten fühlen, sollte als Alarmzeichen verstanden werden. Reformieren, vereinfachen, erneuern, das wollen die Betriebe von der Politik - und zwar eher heute als morgen“, so Johannes Nejedlik, Vorstand der KSV1870 Holding AG. 37 Prozent bezeichnen ihre Vertretung durch die Politik als befriedigend. Nur für 4 Prozent ist sie gut oder sehr gut. Die Ergebnisse im Detail: Je kleiner die Betriebe, desto schlechter die Einschätzung – bei den Kleinstunternehmen sind es gar 68 %, die mit dem Gesetzgeber hadern. Was die Bundesländer betrifft, so scheint der Süden besonders betroffen zu sein: Kärnten, die Steiermark und das Burgenland fühlen sich am schlechtesten vertreten.
 
Arbeit stärker entlasten
Das größte Verbesserungspotenzial orten die Befragten im Bereich „Steuern und Abgaben“. Sie fordern eine generelle Abgaben- und Steuerentlastung, insbesondere eine Reduktion der Lohn- und Einkommensteuer bzw. der Lohnnebenkosten. Arbeit sei zu stark besteuert, und das Steuersystem müsse vereinfacht werden. Weiters seien die Beiträge für die Sozialversicherung zu hoch, und auch die Verringerung der Körperschaftsteuer wurde als Wunschziel von einigen genannt. Zudem fordern viele Unternehmen eine Entbürokratisierung und weniger Verwaltungsaufwand, also eine generelle Vereinfachung und Verschlankung der öffentlichen Verwaltung. Im Bereich des Arbeitsrechts wird insbesondere eine Arbeitszeitflexibilisierung gefordert.
 
Trübe Aussichten für Gesamtwirtschaft
Entsprechend verhalten schätzen die Umfrageteilnehmer die derzeitige Lage der Gesamtwirtschaft ein. 36 % (2013: 20 %) meinen, dass es aktuell um diese schlechter bestellt sei als im Vorjahr. 55 % sehen keine Veränderung, und für 9 % ist sie nun besser unterwegs. Die Industrie ist dabei noch deutlich zuversichtlicher als das Gewerbe. Auch was die Zukunftsaussichten betrifft, herrscht wenig Optimismus: Nur 22 % erwarten für 2014 eine gute bzw. sehr gute Entwicklung, besonders die mittleren und die großen Betriebe. 57 % meinen, es wird wie im Vorjahr. 21 % erwarten eine schlechte bzw. sehr schlechte Wirtschaftsentwicklung.
 
Top-Prognosen für eigene Auftragslage
Was die Erwartung für das Gesamtjahr 2014 angeht, so sind die befragten Betriebe sehr zuversichtlich: 47 % erwarten eine sehr gute oder gute Auftragslage – vor allem die Industrie (57 %) und die Unternehmen in Tirol und Vorarlberg. 43 % rechnen mit einer befriedigenden Situation und 10 % mit einer schlechten bzw. sehr schlechten – das Gewerbe und die Befragten in Wien, Burgenland, Salzburg und der Steiermark haben eher gedämpfte Erwartungen. Noch aber liegt die Auftragslage hinter den Erwartungen zurück: 26 % (2013: 21 %) beschreiben sie im Vergleich zum Vorjahr aktuell als besser – insbesondere die Kleinstunternehmen. 54 % der Befragten geben an, dass sie gleich wie im Vorjahr ist und 20 % bezeichnen sie als schlechter.

Negatives im Vordergrund
„Dass die Befragten die Aussichten für die eigene Auftragslage besser einschätzen als die Entwicklung der Gesamtwirtschaft, ist bei solchen Umfragen nicht grundsätzlich neu. In diesem Jahr ist der Unterschied aber beträchtlich. „Ich gehe davon aus, dass das Empfinden stark durch die großen und prominenten Insolvenzen wie die ALPINE, dayli oder DiTech geprägt worden ist. Und auch die Hypo-Affäre dürfte ihren Teil dazu beigetragen haben“, analysiert Roland Führer, Geschäftsführer der KSV1870 Information GmbH.
 
Die Kleinen müssen haften
Was die Finanzierung betrifft, so setzen fast zwei Drittel auf Eigenmittel (64 %). Genau die Hälfte nutzt Betriebsmittelkredite/den Kontokorrentrahmen und nur 30 % langfristige Kredite. „Wie es aussieht, wird der langfristige Kredit so lange wie möglich durch Eigenmittel abgefedert. 70 % jener Befragten, die in den vergangenen ein bis zwei Jahren einen Kredit beantragt haben, gaben an, dass eine persönliche Haftung verlangt wurde – insbesondere im Gewerbe und bei Kleinstunternehmen. Auch das könnte ein Grund für die Vorsicht sein“, so Führer. Jeder Fünfte (20 %) finanziert über Lieferantenkredite, vor allem mittlere und große Unternehmen bzw. die Industrie. „Sich auf Kosten von Lieferanten eine kostengünstige Zwischenfinanzierung zu beschaffen, sehen wir als Gläubigerschützer mehr als kritisch. Jedes Unternehmen braucht Liquidität, und es ist nicht einzusehen, dass die großen Betriebe die kleineren ausnutzen“, hält Führer fest.
 
Kredit schwer zu bekommen
58 % der Befragten meinen, dass eine Kreditaufnahme aktuell schwierig oder sehr schwierig sei. Ihre Einschätzung resultiert in erster Linie daraus, dass heutzutage mehr private und in zweiter Linie unternehmerische Sicherheiten gefordert werden. Auch Kredite, die früher bewilligt worden wären, würden nun abgelehnt, so die Befragten. 37 % halten die Situation für angemessen. 5 % meinen, eine Aufnahme sei einfach oder sehr einfach. Dennoch hält etwas mehr als die Hälfte der Befragten (55 %) die Konditionen/Kosten für akzeptabel, 34 % bezeichnen sie explizit als schlecht und 11 % als gut. Hinsichtlich der Kreditprüfung herrscht bei den Betrieben Realismus: Sie wissen, dass Sicherheiten, Bonität und Eigenmittel die entscheidenden drei Faktoren bei der Kreditvergabe sind.
 
Kredite unpopulär, Alternativen gefragt
Was die Zukunft im Bereich der Unternehmensfinanzierung betrifft, so sind 73 % der Ansicht, dass von der Politik nicht genug getan wird, um neue, rechtlich fundierte alternative Formen der Unternehmensfinanzierung zu ermöglichen, wie beispielsweise Finanzierungen durch Privatpersonen, Crowdfunding usw. Schon in der Vorjahresumfrage wurden Alternativen gefordert. 64 % lehnen es explizit ab, 2014 einen Kredit zu beantragen. Nur schwache 16 % planen das fix ein – erwartungsgemäß große Betriebe und die Industrie. 20 % sind noch unentschlossen. Ein gutes Zeichen dabei: Immerhin 77 % holen mehrere Angebote ein, um das Optimum für sich herauszuholen.
 
Das ist eine Aussendung der KSV1870 Information GmbH.