Mit Strategie zum erfolgreichen Change

Der rasante wirtschaftliche und digitale Wandel erfordert nachhaltige Veränderungen in der Unternehmenskultur. Ein Blick hinter die Kulissen zeigt, dass es noch einiges zu tun gibt.

Mit Strategie zum erfolgreichen Change

Text: Ilse Königstetter

Damit sich Firmen in dynamischen Märkten behaupten können, müssen sie sich schnell und flexibel an neue Rahmenbedingungen anpassen. Immer mehr Betriebe sehen sich mit der Notwendigkeit konfrontiert, ihre Unternehmenskultur oder zumindest Teile davon zu verändern. Wobei nicht jede Veränderung gleich als Change-Prozess gilt. Für Gerda Füricht-Fiegl, stellvertretende Leiterin des Departments für Wissens- und Kommunikationsmanagement an der Donau-Universität Krems, muss ein Change-Prozess bestimmte Kriterien erfüllen: „Aus meiner Sicht ist ein Vorgang dann ein Change-Prozess, wenn er das gesamte Unternehmen betrifft, wenn die Geschäftsführung involviert ist, wenn fusioniert wird oder das Geschäftsmodell eine größere Veränderung erfährt.“ Wobei auch mehrere Kriterien zusammenkommen können. Die bloße Einführung einer neuen Software ist zumeist noch kein Change-Prozess im eigentlichen Sinne. Vorsicht ist nach Ansicht der Expertin auch bei der Betrachtung von Change-Prozessen geboten: „Wie schon der Name sagt, handelt es sich dabei um einen Prozess, nicht um ein Projekt.“ Der Unterschied: Prozesse sind meist längerfristig, Projekte eher kurzfristig ausgerichtet.

Führungskräfte sollten ihre Mitarbeiter bereits in der Planungsphase mit einbinden, ihnen auf Augenhöhe begegnen und klar kommunizieren, welche neuen Ziele das Unternehmen anstrebt.

Häufig gesehen: Angst vor Veränderung. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, Veränderungen werden von ihm daher häufig als potenzielle Gefahr wahrgenommen. Das gilt auch für Führungskräfte: „Aus meiner Erfahrung mit Führungskräften würde ich sagen, dass maximal ein Drittel ein Bewusstsein darüber hat, dass Veränderungsprozesse wichtig und notwendig sind“, weiß Wilfried Reiter, der seit vielen Jahren gemeinsam mit seiner Frau Claudia Freund Unternehmen und Führungskräfte berät. Das Bedürfnis, Bestehendes zu bewahren und gegebenenfalls zu reparieren, sei sehr groß. Unternehmen, in denen aktives Gestalten stattfindet, sind noch die Minderheit. Häufig erkennen Führungskräfte erst in einer Krise die Notwendigkeit zum Handeln. „Aus meiner Sicht ist es unerlässlich, dass jede Veränderung in Unternehmen vom Chef bzw. einer Führungskraft getragen und weiterverfolgt wird“, sagt Freund. Oft steht am Anfang die individuelle Beratung der Führungskraft, die dann später unternehmensintern ausgerollt wird. Wenn neues Wissen in ein Unternehmen getragen wird, verändert das die Unternehmenskultur. Damit die Belegschaft dieses Wissen integrieren kann, ist eine gute Begleitung unerlässlich.

Fehlende Kommunikation als Ursache. Mangelnde Kommunikation kann jeden noch so gut geplanten Prozess zum Scheitern bringen. In vielen Betrieben werden die Mitarbeiter nicht ausreichend oder zu spät informiert. „Führungskräfte sollten ihre Mitarbeiter bereits in der Planungsphase mit einbinden, ihnen auf Augenhöhe begegnen und klar kommunizieren, welche neuen Ziele das Unternehmen anstrebt“, beschreibt Reiter den Idealfall. Weiters sollten Mitarbeiter die Möglichkeit haben, sich aktiv einzubringen. Wenn diese Einbindung fehlt, entsteht der Eindruck, dass man von oben etwas aufoktroyiert bekommt. Das kann erheblichen Widerstand erzeugen. Freund sieht noch eine andere große Herausforderung: „Menschen wollen schnelle Lösungen und dann wieder zur normalen Tagesordnung übergehen.“ Das ist bei einem Change-Prozess nicht möglich, da ein solcher Prozess langfristig zu sehen ist. Dabei müssen veränderte Strategien und Wege ausprobiert werden – und in diesem Prozess sollten auch Fehler passieren dürfen. Aktuell sind allerdings viele Unternehmen von einer positiven und konstruktiven Fehlerkultur weit entfernt. Ist ein Fehler passiert, wird nach wie vor zumeist der Schuldige gesucht und im schlimmsten Fall aussortiert. Das ist jedoch alles andere als eine gute Idee, da sich in weiterer Folge Mitarbeiter überlegen könnten, ob sie in Zukunft eigene Ideen einbringen.

Wie funktioniert eine moderne Fehlerkultur? Eine zeitgemäße Fehlerkultur konzentriert sich nicht darauf, wer einen Fehler gemacht hat, sondern stellt die wirklich wichtigen Fragen: Wodurch ist der Fehler aufgetreten? Was kann daraus gelernt werden? Wie können ähnliche Fehler verhindert werden? Denn häufig zeigen Fehler Potenziale und Verbesserungsmöglichkeiten auf, die bisher ungenutzt geblieben sind. Und das ist zweifelsohne im Interesse jedes Unternehmens.

 

So kann es funktionieren. 

John P. Kotter, einer Koryphäe auf dem Gebiet des Change-Managements, hat ein 8-Stufen-Modell entwickelt, das Führungskräfte dabei unterstützt, Veränderungen in Unternehmen erfolgreich zu implementieren.

 

1. Dringlichkeit aufzeigen
Erzeugen Sie sowohl unter den Führungskräften als auch unter den Mitarbeitern ein Bewusstsein für die Dringlichkeit des Wandels.

2. Führungskoalition aufbauen
Bauen Sie ein gutes Führungsteam auf, indem Sie richtungsweisende Personen für Ihre Idee gewinnen und unter der Flagge der Veränderung zusammenbringen.

3. Vision und Strategie entwickeln
Einwickeln Sie eine starke Vision und konkrete Strategien, mit denen Sie das Ziel erreichen wollen. Kommunizieren Sie diese in einer gut vorbereiteten und starken Rede.

4. Die Vision kommunizieren
Scheuen Sie sich nicht, die Vision gegenüber den Führungskräften und den Mitarbeitern immer wieder zu kommunizieren. Das schafft Vertrauen und stärkt die Motivation.

5. Hindernisse aus dem Weg räumen
Werfen Sie einen genauen Blick auf den Status quo und räumen Sie ungünstige Organisationsstrukturen, Arbeitsabläufe und Routinen aus dem Weg.

6. Kurzfristige Erfolge sichtbar machen
Legen Sie anfänglich nicht zu aufwands- und kostenintensive Ziele fest, sondern definieren Sie auch schnell erreichbare Zwischenziele.

7. Veränderung weiter antreiben
Analysieren Sie nach jedem erreichten Ziel, was gut gelaufen ist und was hätte besser laufen können.

8. Veränderungen in der Unternehmenskultur verankern
Verankern Sie die erreichten Ziele fest in Ihrer Unternehmenskultur. Erst wenn dies gelungen ist, kann nach Kotter von einem erfolgreichen Change-Management-Prozess gesprochen werden.