Wenn der Insolvenzverwalter übernimmt …

… dann soll er im Pleitefall retten, was zu retten ist. Aber was genau sind eigentlich seine Aufgaben? Eine Analyse über die Rolle des Insolvenzverwalters im Insolvenzverfahren. 

Text: Sandra Kienesberger

KSVBLOG Insolvenzverwalter

 

Gute Nachrichten für Jobwechsler. Die Hürden, um Insolvenzverwalter werden zu können, sind moderat. „Fachkenntnisse des Wirtschaftsrechts“ gelten unter anderem als gesetzliche Mindestanforderung. Ein Studium ist nicht verpflichtend. Und das Gericht kann den Insolvenzverwalter frei bestellen. Ein Job für nahezu jedermann? Keineswegs! Denn in der Praxis handelt es sich bei Insolvenzverwaltern in der Regel um hochqualifizierte Juristen mit großem betriebswirtschaftlichem Wissen. Sie koordinieren sich mit dem Gericht, den Gläubigerschutzverbänden, gegebenenfalls dem Gläubigerausschuss und natürlich dem insolventen Unternehmen. Die Interessen sind vielfältig, die Fristen zahlreich – nur mit einem Kanzleiapparat im Rücken können üblicherweise mehrere Verfahren parallel abgewickelt werden.

Hohe Quoten für die Gläubiger. Die Aufgabe des Insolvenzverwalters ist es, das bestmögliche Ergebnis für die Masse und die Gläubiger zu erzielen. Selbst seine eigene Entlohnung wird daran gemessen, wobei auch Größe, Komplexität und Umfang des Verfahrens einen Einfluss haben. Der Insolvenzverwalter wird gleich bei der Eröffnung des Verfahrens durch das Gericht bestellt. Und sein erster Blick gilt den Aktiva, also dem Vermögen. Das ist in erster Linie das Unternehmen selbst: Kann es fortgeführt werden? Gibt es eine Fortführungsfinanzierung? Kann vielleicht sogar ein Sanierungsplan umgesetzt werden? Im Falle eines Konkurses, bei dem das Unternehmen liquidiert wird (es wurde also kein Sanierungsplan vorgelegt), kommt es zum Komplett-Verkauf. Das kann ein Verkauf des ganzen Unternehmens sein („übertragende Sanierung“) oder ein „Abverkauf“ der im Unternehmen befindlichen Güter. Zur Festlegung der Verkaufspreise vom Firmenauto bis zur Büroeinrichtung wird oft ein Sachverständiger beigezogen, der darauf spezialisiert ist. Auf der Online-Seite www.ediktsdatei.justiz.gv.at können sich Interessierte über diese Verkäufe informieren. Abhängig von Art und Umfang des Vermögens, kann der Masseverwalter aber auch eine Verwertungsgesellschaft beauftragen, die die Güter an den Bestbietenden versteigert. So etwa geschehen bei der ALPINE-Insolvenz. Die Vorgehensweise liegt in seinem Ermessen.

Die Interessen sind vielfältig, die Fristen zahlreich – nur mit einem Kanzleiapparat im Rücken können üblicherweise mehrere Verfahren parallel abgewickelt werden.

Der Insolvenzverwalter als Sanierer. Wird eine Insolvenz als Sanierungsverfahren (mit oder auch ohne Eigenverwaltung) eröffnet, dann liegt der Fokus im Aufgabenspektrum weniger stark auf der Verwertung. Vorrangig sind die Angemessenheit und Erfüllbarkeit des vom Schuldner vorgelegten Sanierungs- bzw. Finanzplans zu prüfen. Im Rahmen dieser Verfahren nimmt der Insolvenzverwalter gegenüber dem Schuldner eine kontrollierende Funktion ein und beaufsichtigt ihn. Ähnlich wie im Konkurs ist es unter anderem auch Teil seiner Aufgaben, die Ursache des Vermögensverfalls zu erheben, die Inventarisierung zu veranlassen, Forderungen zu prüfen oder auch Anfechtungen, Klagsführungen und Verwertungen vorzunehmen. Aber: Beim Sanierungsverfahren müssen die Impulse, wie die Sanierung konkret erreicht werden soll, vom insolventen Unternehmen selber kommen. Der Masseverwalter überwacht, stimmt sich mit dem Gericht ab, das ihm gegenüber eine kontrollierende Funktion hat, und die Gläubigerinteressen werden durch die Verbände vertreten. Aufgrund dieser Rahmenbedingungen hat der Insolvenz- bzw. Sanierungsverwalter weniger freie Hand als etwa „klassische“ Sanierer. Diese kaufen sich in marode, aber nicht insolvente Unternehmen ein oder werden als Sanierer in die Geschäftsführung berufen, um in der Folge „aufzuräumen“.

Was er draufhaben sollte. Gute Insolvenzpraktiker beherrschen folgende drei Dinge hervorragend: Kommunikation – Unternehmensführung – Wirtschaftsrecht. Und sie müssen sich etwas trauen. Oft wird der juristische Teil für den wichtigsten gehalten – das mag daher kommen, dass das Insolvenzrecht wesentlich komplexer ist als sonst eine Rechtsmaterie. Doch die beiden ersten Punkte entscheiden, ob ein Unternehmen saniert oder zumindest als lebender Betrieb verkauft werden kann. Der rechtliche Aspekt betrifft ja zumeist Verteilungsfragen. Wo nichts ist, kann nichts verteilt werden.