KSV1870 anaylisert die Insolvenzlandschaft Österreichs zum 1.-3. Quartal 2016


Hier geht's zu den finalen Zahlen:

Firmeninsolvenzen steigen um 3 %:

Wachstum entspricht der Erwartung des KSV1870 für das Gesamtjahr
(Hochrechnung)
 
Wien, 22.09.2016 - In den ersten drei Quartalen 2016 gab es einen Anstieg der Firmenpleiten von knapp 3 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres. Mit 2.366 eröffneten Insolvenzverfahren liegt 2016 etwa 2,3 % über dem Vorjahr. Bei den mangels Vermögens nicht eröffneten Fällen (1.561) beträgt das Plus etwa 3,5 %.
 
Die eröffneten Verfahren betreffen Verbindlichkeiten von EUR 2.411 Mio. – das ist ein Plus von fast 60 %. Darin enthalten sind allerdings zwei Unternehmen, deren Aktivitäten sich im Wesentlichen außerhalb Österreichs abspielten. Es handelt sich um die Activ Solar und Slav Holding – beide sind den Brüdern Kljujiev zuzurechnen. Ihre Passiva belaufen sich auf insgesamt EUR 620 Mio. Ohne diese beiden eigentlich nicht-österreichischen Unternehmen lägen die Passiva nur ca. 20 % über dem Wert des Vorjahres. Die österreichische volkswirtschaftliche Dimension der Insolvenzen wird auch wesentlich an den betroffenen Arbeitsplätzen bzw. Dienstnehmern zu messen sein. Hier zeigt sich, dass mit 14.400 Personen nur knapp 3 % mehr Arbeitnehmer betroffen waren als im Vergleichszeitraum 2015. Das „spezifische Gewicht“ der Insolvenzfälle ist also von 2015 auf 2016 praktisch gleich geblieben.
 

Unternehmensinsolvenzen 1.- 3. Quartal 2016 2015 Veränderung
Eröffnete Insolvenzen 2.366 2.312 + 2,3 %
Nichteröffnete Insolvenzverfahren
(mangels kostendeckenden Vermögens)
1.561 1.508 + 3,5 %
Gesamtinsolvenzen 3.927 3.820 + 2,8 %
Geschätzte Insolvenzverbindlichkeiten in EUR 2.411 Mio. 1.515 Mio. + 59,1 %


Bundesländerreigen: große Unterschiede
In der Betrachtung der Bundesländer fällt besonders auf, dass es keinen einheitlichen Trend zu geben scheint. Während Salzburg mit Zuwächsen von über 20 % und Tirol mit über 17 % aufwarten, verzeichnet Niederösterreich einen Rückgang von fast 12 %. Zwei weitere wichtige Bundesländer, nämlich Wien und Oberösterreich, verzeichnen jeweils ein spürbares Plus von
7,5 % und fast 6 %, was letztlich auch den Österreichtrend bestimmt haben dürfte.

Das vielgepriesene Sanierungsverfahren
Vor mittlerweile mehr als 6 Jahren wurde am 1. Juli 2010 das Sanierungsverfahren aus der Taufe gehoben. In Wahrheit war es die Symbiose aus dem „alten Ausgleich“ und dessen kleinerem Bruder, dem Zwangsausgleich. Die Erwartungen in dieses neue Verfahren wurden weitgehend eingelöst und in diesem Sinn darf die Novelle aus 2010 auch als Erfolg angesehen werden.

Download der vollständigen Analyse der Unternehmensinsolvenzen 1.- 3. Quartal 2016 HR

 

Der Privatkonkurs – bewährt und gut

Der Bedarf an Schuldenregulierung ist leicht rückläufig.
(Hochrechnung)

Wien, 22.09.2016 - In den ersten drei Quartalen 2016 sind die eröffneten Schuldenregulierungsverfahren in Österreich leicht rückläufig. 6.206 Personen, die den Weg des sogenannten Privatkonkurses beschreiten, stellen einen Rückgang von ca. 6 % gegenüber dem Vorjahr dar. Die Schulden sanken dabei sogar um fast 8 % auf EUR 781 Mio.
 
Das Schuldenregulierungsverfahren ist - gemessen am Alter der österreichischen Rechtsordnung - ein verhältnismäßig junges Rechtsinstitut, das allerdings in den letzten 21 Jahren seinen Platz „in der Mitte der Gesellschaft“ gefunden hat. Mehr als 120.000 Personen haben seit 1995 diesen Weg eingeschlagen und ca. zwei Drittel davon haben mittlerweile eine Befreiung von den Schulden erreicht. Nach anfänglicher Skepsis der Finanzwirtschaft hat sich dieses Verfahren in Österreich bewährt, und wenn die Zahlen im Trend seit 2011 rückläufig sind, dann ist dies primär auf eine zurückhaltendere Kreditvergabe der Banken (Stichwort Verbraucherkreditgesetz) zurückzuführen.
 

Privatkonkurse 1.- 3. Quartal 2016 2015 Veränderung
Eröffnete Schuldenregulierungsverfahren 6.206 6.618 - 6,2 %
Geschätzte Insolvenzverbindlichkeiten in EUR 781 Mio. 847 Mio. - 7,8 %

 
Bundesländer: Zahlen fast überall rückläufig
Im laufenden Jahr verzeichnen alle Bundesländer Rückgänge zwischen 15 % (Wien) und 4 % (Salzburg) – die Ausnahmen sind Niederösterreich mit einem Plus von 1,1 % und die Steiermark mit einem Plus von sogar 11 %.

Keine Abschaffung der Mindestquote
Seit kurzem kommen vermehrt Wortmeldungen von Sozialpolitikern und Schuldenberatern an die Öffentlichkeit, die eine Reform des Privatkonkurses vehement einfordern. Sie pochen dabei auf die Abschaffung der Mindestquote, die in Österreich mittlerweile nach einem vielbeachteten OGH-Beschluss aus 2015 nur noch eine „mittelbare Mindestquote“ darstellt. Es ist dies die 10-%-Schwelle, bei deren Erreichen ein Schuldner nach 7 Jahren einen Rechtsanspruch auf Restschuldbefreiung - auch gegen den Willen seiner Gläubiger - erlangt (mit darunter liegenden Quoten bedarf es eines besonders begründeten Gerichtsbeschlusses).

Download der vollständigen Analyse der Privatinsolvenzen 1.- 3. Quartal 2016 HR


Für den Inhalt verantwortlich:
Dr. Hans-Georg Kantner, Leiter KSV1870 Insolvenz