Ausschuss mit Schlagkraft

"Mauscheln" hinter verschlossenen Türen oder Gremium zum Interessenausgleich in der Insolvenz? Was in Gläubigerausschüssen so vorgeht.
 

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Wird in Österreich eine Enquete (Arbeitstagung) eingesetzt, dann ist das in der Regel das Ende vom Anfang einer Problemlösung. So sinngemäß ein altösterreichischer
Spruch. Ein schlechtes Omen also auch für Gläubigerausschüsse, die meist bei großen und komplexen Insolvenzverfahren eingesetzt werden. Darüber hinaus sollen die Teilnehmer nicht im eigenen, sondern im Interesse aller Beteiligten Entscheidungen fällen. Und diese
sind naturgemäß recht unterschiedlich: Die Aufgabe des Insolvenzverwalters ist es, die größtmögliche Masse zu erzielen bzw. die Fortführung des Unternehmens im Falle eines Sanierungsverfahrens zu gewährleisten. Die Gläubigerschutzverbände wollen hohe Quoten.
Der Richter will ein ordentliches, aber auch schnelles Verfahren abwickeln. Der Insolvenzschutzverband für ArbeitnehmerInnen (ISA) möchte natürlich alle Jobs retten. Die Banken und die Finanz wollen ihr Geld zurück. Was oberflächlich betrachtet einem Drahtseilakt gleicht, funktioniert in der Praxis überraschend gut.
 
An einem Strang ziehen. „Wir beobachten, dass Abstimmungen in Gläubigerausschüssen sehr oft einstimmig sind, obwohl eine einfache Mehrheit ausreichend wäre. Die Grundstimmung ist meiner Erfahrung nach stets konsensorientiert. Selbst der betroffene
Unternehmer wird gehört“, beschreibt Mag. Roman Tahbaz, Insolvenzreferent
beim KSV1870, das Klima. Zu den wichtigsten Entscheidungen, die im Ausschuss gefällt werden, zählen Unternehmensveräußerungen. Die Angebote werden geprüft, es wird
rasch entschieden, und der Richter erlässt oft sofort die Beschlüsse. Tahbaz, der etwa im Insolvenzfall Niemetz (Schwedenbomben) verhandelt hat, sieht noch andere Vorteile: „Bei komplexen Themen werden im Ausschuss die rechtlichen Vor- und Nachteile von allen Experten diskutiert, wodurch Entscheidungen unter Berücksichtigung aller Einflussfaktoren getroffen werden. Darüber hinaus wird durch die Sitzungen gewährleistet, dass die breite
Gläubigermehrheit durch den Insolvenzverwalter auf den aktuellen Informationsstand gebracht wird.“
 
Kontrollieren und beraten. Ob ein Gläubigerausschuss eingesetzt wird oder nicht, entscheidet der Richter oft schon bei der Verfahrenseröffnung. Verpflichtend einzubinden ist er etwa bei Unternehmensveräußerungen, wenn es zum Abschluss von Vergleichen,
strittigen Masseforderungen, der Erhebung von Anfechtungsklagen oder der Anerkennung von strittigen Aussonderungs-, Absonderungs- und Aufrechnungsansprüchen kommt. Aber nicht nur das. Stehen wichtige Entscheidungen an, so muss der Insolvenzverwalter den Gläubigerausschuss anhören – von dem er auch kontrolliert wird! Formal beruft der Verwalter die Sitzungen ein und leitet sie. Beschlüsse des Gläubigerausschusses sind für ihn bindend, wobei das Gericht diese aufheben kann. Der KSV1870 ist seit Jahrzehnten in so gut wie allen Gläubigerausschüssen vertreten.

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