Insolvenzstatistik Unternehmen und Private I. Quartal 2011

Unternehmensinsolvenzen
I. Quartal 2011

Die Insolvenzzahlen für das erste Quartal geben Anlass zu vorsichtigem Optimismus. Rasante Steigerungen bleiben weiterhin aus, und das Insolvenzgeschehen liegt nur geringfügig über den Zahlen des Vorjahres.

Die eröffneten Insolvenzverfahren im ersten Quartal liegen mit fast 900 um knapp über 3 % zum ersten Quartal des Vorjahres. Die mangels Masse nicht eröffneten Verfahren dagegen sind um 2 % gesunken, sodass sich ein Zuwachs von netto 0,8 % gegenüber dem Vergleichszeitraum 2010 ergibt.

Unternehmensinsolvenzen I. Quartal 2011

2011 2010 Veränderung
Eröffnete Insolvenzen 892 864 + 3,2%
Nicht eröffnete Insolvenzverfahren 725 740 - 2,0%
Gesamtinsolvenzen 1.617 1.604 + 0,8%

Geschätzte Insolvenzverbindlichkeiten

in EUR
563 Mio. 633 Mio. - 11,1%

Anlass zu Optimismus liegt allerdings in den Schulden, die von diesen Verfahren betroffen waren. Diese sind um rund 11 % zurückgegangen und liegen bei EUR 563 Mio. Von Insolvenzverfahren waren 5.600 Dienstnehmer betroffen. Auch das ist ein Rückgang gegenüber 2010 von etwas über 11 %. Das bedeutet unter dem Strich, dass die Insolvenzen durchschnittlich durchwegs kleiner und wirtschaftlich unbedeutender geworden sind als 2010. Es darf daran erinnert werden, dass im ersten Quartal 2010 die Eröffnungen 10 % und die betroffenen Verbindlichkeiten 27 % unter dem Vergleichszeitraum 2009 gelegen waren.

So wie allerdings eine Schwalbe noch keinen Sommer macht, sprechen Zahlen des ersten Quartals noch nicht für das ganze Jahr. Ob sich diese doch substantiell entspannende Situation weiterhin fortsetzt, ist erst Mitte des Jahres abzusehen.

Die Eigenverwaltung als Zauberstab:
Kein Unternehmer gibt gern und vor allem leicht das Zepter in seinem Unternehmen aus der Hand. Die meisten kämpfen für ihr Unternehmen „bis zum letzten Blutstropfen". Das ist nachvollziehbar, oft auch das, was sich Mitarbeiter und Gläubiger erwarten. Aber wenn es dann letztlich doch zur Insolvenz kommt, dann muss der Insolvenzverwalter konstatieren, dass noch viel gutes Geld (bzw. gute Unternehmenssubstanz) verloren worden ist, bevor er vom Gericht bestellt wurde. Hier sollte die Eigenverwaltung eingreifen, die dem Unternehmer die Weiterführung der Geschäfte ermöglicht und die ein auch rechtlich abgesichertes Recht auf Mitgestaltung in Aussicht stellt. Je früher Unternehmer erkennen, dass ein gerichtliches Verfahren nötig ist und diese Erkenntnis auch umsetzen, desto höher sind die Chancen für das Unternehmen zu überleben, und für die Gläubiger auf Befriedigung mit einer noch einigermaßen akzeptablen und vor allem schnell fließenden Quote.

Bereits die Analyse der ersten Monate des neu eingeführten Sanierungsverfahrens mit Eigenverwaltung hat gezeigt, dass dieses Angebot des Gesetzgebers von der Praxis auch lebhaft angenommen wurde. Mittlerweile sind 9 Monate seit Inkrafttreten vergangen - ein Zeitraum, der unter Menschen Kinder zeitigt. Ein erster Blick auf die Eröffnungsstatistik zeigt einerseits einen Durchschnittswert von knapp 22 solcher eigenverwalteten Sanierungsverfahren pro Monat (oder hochgerechnet auf ein Kalenderjahr ca. 260 Verfahren). Die Analyse des Beantragungsverhaltens der Schuldnerunternehmen allerdings zeigt vorerst noch keinen einheitlichen Trend.

Die weiteren Detailzahlen sowie den ausführlichen Insolvenzkommentar finden Sie im untenstehenden Download bereitgestellt.

Privatkonkurse I. Quartal 2011

Auch unnovelliert erfreut sich der Privatkonkurs steigender Beliebtheit - jedenfalls bei den Schuldnern.

Im ersten Quartal wurden 2.412 Privatkonkurse in Österreich eröffnet, das sind rund 7 % mehr als im Vergleichszeitraum 2010. Ein erster nachhaltiger Zuwachs seit fast zwei Jahren. Die Verbindlichkeiten betragen mit EUR 296 Mio. um ca. 14 Prozent mehr als im ersten Quartal 2010.

Privatkonkurse I. Quartal 2011

2011 2010 Veränderung
Eröffnete Schuldenregulierungsverfahren 2.412 2.245 + 7,4%
Geschätzte Insolvenzverbindlichkeiten 296 Mio. 259 Mio. + 14,3%

Rasche Rehabilitation:
Der Privatkonkurs war 1995 ein Novum in der österreichischen Rechtsordnung, nämlich ein Verfahren, bei dem die Entschuldung nicht mehr vom Mehrheitsvotum der Gläubiger abhängt, sondern von einer richterlichen Entscheidung und einer (mittelbaren) Mindestquote von 10 % der Insolvenzforderungen. Das Verfahren hat sich in Österreich überraschend schnell etabliert und seine Tauglichkeit nachdrücklich unter Beweis gestellt. Über 70.000 Personen haben seit 1995 dieses Verfahren in Gang gesetzt und sich nach Kräften bemüht, ihre Schulden zumindest teilweise abzutragen. Nach Erhebungen des KSV1870 ist dies in mehr als 75 % der Fälle über deren Laufzeit auch gelungen, sodass in all diesen Fällen drei Dinge als Erfolg verbucht werden können:

  • In der weit überwiegenden Zahl der Privatkonkurse gab es eine Einigung zwischen Gläubigern und Schuldner über Höhe und Art der Abzahlung der Schulden (Zahlungsplan);
  • In jedenfalls 75 % aller durchgelaufenen Verfahren kam es letztlich zu einer Restschuldbefreiung, sei es durch Erfüllung des Zahlungsplanes, sei es durch erfolgreichen Abschluss des Abschöpfungsverfahrens;
  • Gläubiger erhielten in diesen Fällen durchschnittliche Quoten von ca. 15 % - und das im Wissen, dass es absolute Gläubigergleichbehandlung gibt, dass also niemand mehr erhält als man selbst. Das ist in der Rechtsordnung eine Gewissheit, die nicht gering zu schätzen ist. 

Die Novelle lässt auf sich warten:
Ungeachtet des Umstandes, dass das österreichische Schuldenregulierungsverfahren ein echtes Erfolgskapitel des Insolvenzrechtes darstellt (der Vergleich mit Deutschland macht sicher), strebt das Sozialministerium seit geraumer Zeit danach, die Erleichterungen der Entschuldungsmöglichkeiten zu verbessern. Ein diesbezüglicher Entwurf des Justizministeriums wurde bereits im vierten Quartal 2010 erwartet, konnte aber bislang nicht zur Begutachtung versendet werden, da es offenbar noch keine vorgehende Einigung zwischen dem Justiz- und dem Sozialministerium gegeben hat. Ziel der Novelle soll eine Erleichterung der Restschuldbefreiung nach richterlichem Ermessen sein, ein Punkt der wenig kontroversiell gesehen wird, da es bisher noch wenig Judikatur der Gerichte zur Frage besonders berücksichtigungswürdiger Umstände auf Schuldnerseite gibt. Weiters soll den Schuldnern in Abschöpfung die Möglichkeit gegeben werden, frühestens drei Jahre nach Einleitung des Verfahrens einen neuerlichen Zahlungsplan einzubringen, über den dann die Gläubiger abstimmen können - auch dieser Punkt dürfte auf breiten Konsens stoßen.

Die weiteren Detailzahlen sowie den ausführlichen Insolvenzkommentar finden Sie im untenstehenden Download bereitgestellt.

Für den Inhalt verantwortlich:
Dr. Hans-Georg Kantner, Leiter KSV1870 Insolvenz

1302089442321_KSV1870_Insolvenzstatistik-UnternehmenundPrivate_03_Q1-2011.pdf