Insolvenzstatistik Unternehmen & Private Q1 - 3, 2014

Unternehmensinsolvenzen steigen wieder

 


Wien, 06.10.2014

Der Abwärtstrend ist zu Ende: 4.103 Insolvenzen entsprechen einem Zuwachs von fast 2 %, bei den 2.455 eröffneten beträgt die Steigerung gegenüber 2013 sogar 3 %. Die Fälle sind jedoch kleiner, daher liegen die Passiva 31 % unter den Vorjahreszahlen. Auch die Anzahl der betroffenen Dienstnehmer (16.200) ist um 39 % gesunken.
 
Insolvenzexperte Dr. Hans-Georg Kantner fasst die Ergebnisse zusammen: „Man erkennt sehr deutlich, dass die eingetrübte Wirtschaftslage mittlerweile auch die Unternehmen erreicht hat, dass aber die Fälle deutlich kleiner sind, als in der jüngeren Vergangenheit.“
 

 

  2014 2013 Veränderung
Eröffnete Insolvenzen 2.455 2.385 + 2,9 %
Nichteröffnete Insolvenzverfahren
(mangels kostendeckenden Vermögens)
1.648 1.659 - 0,7 %
Gesamtinsolvenzen 4.103 4.044 + 1,5 %
Geschätzte Insolvenzverbindlichkeiten in EUR 2,0 Mrd. 5,5 Mrd. - 63,6 %
Insolvenzverbindlichkeiten ohne Alpine Bau *) 2,0 Mrd. 2,9 Mrd. - 31,3 %

 
Bundesländervergleich:
Den größten Zuwachs weist Vorarlberg mit einem Plus von 17 % an Insolvenzen auf, gefolgt von Wien mit knapp 8 % und der Steiermark mit unter 7 %. Diese drei Bundesländer sind stark auf Export ausgerichtet (z. B. die Steiermark mit Maschinen und Metall) und sie könnten mit ihren Ergebnissen Vorbote für andere Bundesländer sein. Abnehmende Zahlen weist Kärnten mit einem Minus von fast 10 % auf und Salzburg mit minus 7 %. Kantner relativiert dieses Ergebnis jedoch ein wenig: „Salzburg ist ein bisschen ein Sonderfall, da dort im Jahr 2012 eine deutliche Änderung der Gerichtspraxis stattfand, was zu wesentlich mehr Eröffnungen führte; Diese Praxis scheint jetzt zurückzupendeln, sodass wieder an die Zeit vor 2012 angeknüpft werden dürfte.“
 
Branchen:
Branchen wie etwa das Gastgewerbe und die unternehmensbezogenen Dienstleistungen mit besonders vielen Unternehmen liegen in der Statistik schon aus arithmetischen Gründen regelmäßig unter den ersten drei Plätzen. Bezogen auf die Zahl der aktiven Unternehmen sind diese beiden Branchen aber nicht auffällig, das Gastgewerbe sogar im unteren Drittel aller Branchen. Die Bauwirtschaft hingegen ist geprägt von vielen Unternehmen, aber verzeichnet zugleich auch ein überdurchschnittliches Insolvenzaufkommen. Daher nimmt auch diesmal die Bauwirtschaft Platz eins nach Zahl der Fälle und Platz zwei nach Höhe der Verbindlichkeiten ein.

 

Hier die komplette Analyse:

ksv1870_insolvenzstatistik-unternehmen_qi-iii_2014.pdf

Insolvenzstatistik Unternehmen I.-III. Quartal 2014 


Privatkonkurse weiter rückläufig

Wien, 06.10.2014

Die 6.302 eröffneten Verfahren der ersten neun Monate 2014 entsprechen einem Minus von fast 8 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Dieser deutliche Abwärtstrend betraf jedoch überwiegend das erste Halbjahr, im dritten Quartal schwächte er sich deutlich ab. Einige Bundesländer hatten sogar bereits wieder Zuwächse.
 
Bundesländer:
In Oberösterreich, Tirol und der Steiermark steigen die Schuldenregulierungsverfahren an bzw. bleiben gleich, Vorarlberg jedoch verzeichnet in den ersten drei Quartalen ein Minus von über 27 %. KSV1870 Insolvenzexperte Dr. Hans-Georg Kantner: „Nicht selten entstehen diese Unterschiede durch Kapazitätsengpässe bei den Schuldenberatungen, die öffentlich finanziert sind und nur alle „heiligen Zeiten“ eine Budgetaufbesserung erhalten, so zuletzt in größerem Umfang im Jahr 2007. Zweifellos spielen so banale Umstände wie die Dotierung dieser Sozialleistung bei den statistisch ermittelten Zahlen eine Rolle.“
 
Nach Einschätzung des KSV1870 Experten stellt der Zuwachs in Oberösterreich ein Signal dar, dass der rückläufige Trend der Verfahren zu Ende geht. Es könnte allerdings durchaus mehr Schuldenregulierungen geben, da die Anzahl an Personen mit Schuldenproblemen, also die sogenannt „materiell insolventen“ Personen, seit Jahren auf hohem Niveau stagniert. Es ist der Einführung des Entschuldungsrechtes für Private im Jahr 1995 gedankt, dass nicht nur über 100.000 Menschen diesen Weg eingeschlagen haben, sondern auch, dass trotz Wirtschaftskrise die Zahl jener, welche einer Entschuldung bedürften, seit geraumer Zeit nicht mehr angestiegen ist. Es sind weitere ca. 100.000 Menschen, die Schulden haben und damit nicht zurande kommen.
 
Rechtsentwicklung:
Das Regierungsübereinkommen der regierenden Parteien enthält keinen Punkt zu einer eventuellen Novellierung des Gesetzes. Dr. Kantner dazu: „Es existiert allerdings ein „kleines Reformpaket“, das seit dem Jahr 2008 in der Lade des BMJ ruht und durchaus umsetzbar wäre. Es enthält zweifellos nicht die Lösung für ein real existierendes Problem, nämlich die Tatsache, dass nicht alle leistungswilligen Schuldner auch leistungsfähig sind und dass nicht alle leistungsfähigen Schuldner leistungswillig sind. Um das Verfahren aber erfolgreich mit einer Erledigung der Schulden abschließen zu können, muss beides gegeben sein: Ohne Geldleistung an die Gläubiger ist nach geltendem Recht in Österreich eine Entschuldung nicht möglich.“

Hier die komplette Analyse:

ksv1870_insolvenzstatistik-private_qi-iii_2014.pdf

 



Für den Ihnhalt verantwortlich:
Dr. Hans-Georg Kantner, Leiter KSV1870 Insolvenz