Der Schwarze Freitag von 1873, auch als „Gründerkrach“ bezeichnet, stürzte die Wirtschaft der darauffolgenden Jahre in eine „Große Depression“. Die Gründerzeit steckte in einer Krise, die erst ab 1879 langsam überwunden werden konnte. Auf die Expertise des noch jungen „Creditorenverein zum Schutze der Forderungen bei Insolvenzen“, des späteren KSV1870, wollten dann viele Unternehmen nicht mehr verzichten. Er hatte sich nicht zuletzt aufgrund der professionellen Kommunikationsarbeit bereits einen Namen gemacht.
Wirtschaftsboom und Schwarzer Freitag
Vor dem Wiener Börsenkrach erlebte die Doppelmonarchie Österreich-Ungarn einen Boom in Industrie und Handel, der noch durch die Aussicht auf eine Weltausstellung am 1. Mai 1873 in Wien angeheizt wurde. Die Immobilienpreise stiegen. Geld für Bauprojekte lukrierte man mit Pfandbriefen, die durch halbfertige oder gar nur geplante Gebäude besichert waren. Die Kurse an der Wiener Börse stiegen rasant. Man konnte Aktien erwerben, indem man nur eine Teilsumme, eine „Margin“, hinterlegte. Etliche Unternehmen wurden an mehreren Börsen in Europa gehandelt, die neue Technologie der Telegrafie machte es möglich.
Als die Franko-Ungarische Bank am 5. Mai 1873 unvermutet die Nachzahlung von ausständigem Nominalkapital einforderte, geriet das Finanzsystem in Schieflage, um am Freitag, den 9. Mai, schließlich zu kollabieren. Die Insolvenzen erreichten an diesem Tag die bis dahin unvorstellbare Zahl von 120. Das Misstrauen in Aktien stieg, sehr viele Anleger verkauften und entzogen dem Finanzsystem das nötige Geld für Kredite – so weitete sich die Krise auf europäische und amerikanische Börsen aus. Am 19. September wurde zum ersten Mal in ihrer Geschichte die New Yorker Börse geschlossen. In Österreich-Ungarn gingen fast alle Banken und die Hälfte der im Jahr zuvor gegründeten Aktiengesellschaften unter.
Wichtig in wirtschaftlich turbulenten Zeiten: Information
Vor dem Hintergrund einer überhitzten Konjunktur und fragwürdiger Unternehmensgründungen war für Investoren wie Unternehmer vor allem eines wichtig: Informationen über die finanzielle Situation ihrer Geschäftspartner, um Zahlungsausfälle zu vermeiden. Und so hat der „Creditoren-Verein zum Schutze der Forderungen bei Insolvenzen“ die Vermittlung und Verbreitung von Wirtschaftsinformationen von Anfang an zu seiner Hauptaufgabe gemacht. Die Mitglieder gaben ihr Wissen über Unternehmen bzw. Geschäftspartner bekannt. Der Verein sammelte und bündelte diese Daten, um sie dann seinen Mitgliedern wieder zur Verfügung zu stellen.
Im Jahr 1875, in dem auch erstmals die Rohrpost in Wien in Betrieb ging, wurde zu diesem Zweck ein eigenes Medium gegründet: die „Wochenschrift des Creditorenvereins“. Ihre wichtigste Aufgabe war die Benachrichtigung der Mitglieder über die Eröffnung von Insolvenzverfahren. Darüber hinaus versorgte die Publikation sie mit Nachrichten über aktuelle wirtschaftliche und rechtliche Entwicklungen. Bis heute gibt es diese „Wöchentlichen Mitteilungen“ – seit 1999 als Newsletter, den heute knapp 30.000 Abonnenten erhalten.
Die Entwicklung einer umfassenden Informationsstrategie
Ab der Jahrhundertwende wurde die Vereinskommunikation ausgeweitet. Neben Buchbeiträgen waren die Festschriften von 1930, 1950, 1970, 1990 und 1995 ein wichtiges Informationsmedium. Ab den 1960er-Jahren kamen Vorträge, etwa über das Insolvenzrecht von Direktor Karl Ponweiser, hinzu. Unter Direktor Klaus Hierzenberger verstärkte sich in den späten Siebzigerjahren die Vortragstätigkeit. Nun referierte man bei Großveranstaltungen der Wirtschaft und auf Kongressen. Bei Messen und Veranstaltungen trat der nun als „KSV1870“ landesweit bekannte Gläubigerschutzverband ab 1995 auf, und auch in Schulen sind die Experten seit rund 15 Jahren gern gesehen. Das KSV1870 Fachwissen wird seit 1998 auch im Rahmen des Mitgliedermagazins „forum.ksv“ publiziert. Das Medium ging aus den „Mitteilungen extra“ hervor, die seit 1991 als Beilage der „Wöchentlichen Mitteilungen“ veröffentlicht wurden. Informiert wird heute über Gläubigerschutz und Risikomanagement, Wirtschaftstrends, neue Gesetze, innovative Tools, digitale Lösungen und die KSV1870 Services.
Seit 1978 teilt die Gläubigerschutzorganisation ihre Expertise mit einer breiten Öffentlichkeit. Mithilfe klassischer Medien- und Pressearbeit finden seither KSV1870 Analysen über wirtschaftliche und rechtliche Entwicklungen ihren Weg in die Massenmedien. Auf diese Weise schaffte der Verein den Sprung in die Wohnzimmer der Österreicherinnen und Österreicher, und die Marke wurde so auch Privatpersonen ein Begriff.
Die Gründungsidee in der digitalen Sphäre
Ab 1989 waren die Informationsservices des KSV1870 online verfügbar. Zunächst wurden die Mitglieder an den Verein angebunden, 1997 bot man ihnen als Pionier auf dem Gebiet eine Bonitätsprüfung via Internet. Als weiteres Onlineangebot steht den Mitgliedern seit 2003 zusätzlich das exklusive Portal „www.myksv.at“ zur Verfügung – bis heute rufen Mitglieder die KSV1870 Produkte und Dienstleistungen über dieses Tool ab. Der Gläubigerschutzverband setzte also bereits frühzeitig auf den Onlinevertrieb und nutzte digitale Kanäle stets intensiv, um seinen Mitgliedern und interessierten Usern Informationen schnell und direkt zukommen zu lassen. Die Website www.ksv.at wurde kons-tant ausgebaut und entwickelte sich zum Dreh- und Angelpunkt für Mitglieder, aber auch Interessierte, die nach volkswirtschaftlichen Analysen suchen – pro Jahr sind das etwa eine Million User. In der jüngeren Vergangenheit kamen zahlreiche digitale Kanäle hinzu. 2017 wurde ein WhatsApp-Ticker zur Veröffentlichung von Insolvenzen in Echtzeit aus der Taufe gehoben. Ende 2019 übernahm diese Aufgabe ein Push-Dienst. Durch Webinare konnten ab 2018 viele Teilnehmer gleichzeitig in ihren Büros adressiert werden. Gemeinsam mit dem KSVBLOG, der ebenfalls 2018 gelauncht wurde, weitete der KSV1870 seinen Informationsradius entscheidend aus. Die Nutzung sozialer Medien wie Twitter, LinkedIn, XING und YouTube sorgt für eine maximale Verbreitung hochwertiger und vor allem redaktionell aufbereiteter Inhalte.
Eine der wichtigsten Ursprungsideen des KSV1870, Informationen und Expertise zu teilen, ist also bis heute wirksam. Lediglich die dafür eingesetzten Kommunikationsmittel und Kanäle unterliegen dem Wandel der Zeit.