Insolvenzentwicklung zeigt nach oben

Unternehmensinsolvenzen um 13 Prozent gestiegen

Neben der Zahl der Firmenpleiten sind auch die vorläufigen Passiva* massiv in die Höhe geschnellt – nicht nur, aber vor allem wegen dem Insolvenzfall der SIGNA Holding GmbH.

KSV1870 Insolvenzstatistik Unternehmen 2023

Wien, 13.12.2023 – Laut aktueller KSV1870 Hochrechnung sind im Jahr 2023 in Österreich 5.401 Unternehmen (+ 13 % gegenüber 2022) von einer Insolvenz betroffen. Das entspricht 15 Firmenpleiten pro Tag und so vielen Fällen wie zuletzt vor zehn Jahren. Besonders hart trifft es den Handel, die Bauwirtschaft und den Bereich Beherbergung/Gastronomie. Darüber hinaus haben sich die vorläufigen Passiva* um 286 Prozent auf rund 8,53 Mrd. Euro erhöht – hauptverantwortlich dafür ist die Insolvenz der SIGNA Holding GmbH. Aber auch ohne die größte Pleite der österreichischen Wirtschaftsgeschichte liegen die Passiva* um rund die Hälfte über dem Vorjahresergebnis. Weiters hat sich die Zahl der betroffenen Mitarbeiter um 45 Prozent auf 22.500 Personen erhöht, jene der Gläubiger um 41 Prozent auf 44.000 Betroffene. Für das Jahr 2024 erwartet der KSV1870 zwischen 5.800 und 6.000 Firmenpleiten.

Was es jetzt braucht, ist ein frischer ‚Drive‘, um die Leistungsfähigkeit der heimischen Wirtschaft anzukurbeln. So braucht es etwa neue Impulse für den Export und Initiativen zur Stärkung der Bauwirtschaft und des Handels. Nur so wird es möglich sein, dass Österreich vom Stottermodus in den Überholmodus schaltet“, so Ricardo-José Vybiral.

Eine sinkende Geschäftslage, eine Umsatzentwicklung, die tendenziell nach unten zeigt und eine schrumpfende Auftragslage bei rund jedem zweiten Betrieb sprechen eine eindeutige Sprache. „Das Thema Kosten ist nach wie vor der ‚Key-Faktor‘, was innerbetriebliche Entwicklungen betrifft. Zum jetzigen Zeitpunkt muss man sagen, dass sich Österreichs Wirtschaftsentwicklung in vielen Bereichen am Scheideweg befindet“, fasst Mag. Ricardo-José Vybiral, MBA, CEO der KSV1870 Holding AG, die aktuelle Situation zusammen. „Was es jetzt braucht, ist ein frischer ‚Drive‘, um die Leistungsfähigkeit der heimischen Wirtschaft anzukurbeln. So braucht es etwa neue Impulse für den Export und Initiativen zur Stärkung der Bauwirtschaft und des Handels. Nur so wird es möglich sein, dass Österreich vom Stottermodus in den Überholmodus schaltet“, bringt es Vybiral auf den Punkt. Infolge der wirtschaftlichen Herausforderungen hat sich auch die Insolvenzentwicklung in diesem Jahr wie erwartet entwickelt: „In Zeiten einer hohen Volatilität gepaart mit einem Mix an schwierigen Rahmenbedingungen sind wir seitens des KSV1870 zu Jahresbeginn von einem Anstieg der Firmenpleiten im niedrigen zweistelligen Prozentbereich ausgegangen. Und dieser ist wie erwartet eingetreten“, erklärt MMag. Karl-Heinz Götze, MBA, Leiter KSV1870 Insolvenz. Im Jahr 2023 wurden hierzulande 5.401 Firmenpleiten (15 Fälle pro Tag) gezählt, was einen Anstieg von 13 Prozent bedeutet. Gegenüber dem Vorkrisenjahr 2019 wurden heuer um knapp acht Prozent mehr Pleiten gezählt.

„Nichteröffnungen“ weiterhin auf zu hohem Niveau
Gleichzeitig ist die nach wie vor hohe Zahl an Verfahren (2.023 Fälle, + 8 %), die mangels Kostendeckung nicht eröffnet werden konnten, besorgniserregend. Zwar sind im Jahr 2023 die „Nichteröffnungen“ trotz des Anstieges in absoluten Zahlen im Verhältnis zur Gesamtzahl der Firmenpleiten eine Spur weniger geworden, doch über 2.000 derartige Fälle sind eindeutig zu viel. Vor allem weil es dadurch nicht möglich ist, die betroffenen Unternehmen ordentlich „zu verwerten“, um zumindest kleine Geldrückflüsse an die Gläubiger zu ermöglichen.  

 

Privatkonkurse steigen, bleiben aber unter Vorkrisenniveau 

Während die Zahl der eröffneten Schuldenregulierungsverfahren im Vergleich zum Vorjahr gestiegen ist, verzeichnet das vorläufige Schuldenausmaß einen leichten Rückgang. 

Wien, 13.12.2023 – Laut aktueller KSV1870 Hochrechnung wurden im Jahr 2023 in Österreich 8.956 eröffnete Schuldenregulierungsverfahren (25 Fälle pro Tag) gezählt. Das entspricht einem Zuwachs von 9,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Den größten Anstieg verzeichnet Vorarlberg (+ 36 %), während die Steiermark als einziges Bundesland sogar einen leichten Rückgang von 0,1 Prozent zu Buche stehen hat. Was auffällt: Obwohl die Zahl der Privatkonkurse gestiegen sind, fallen die vorläufigen Passiva* mit 895 Mio. Euro um ein Prozent niedriger aus als im vergangenen Jahr. Das hat zur Folge, dass die durchschnittliche Schuldenhöhe um 11.000 Euro auf rund 100.000 Euro gesunken ist. 

Die finanzielle Situation hat sich in diesem Jahr für viele Menschen in Österreich weiter verschärft und mit einer entscheidenden Erleichterung ist unmittelbar leider nicht zu rechnen, so Götze.

Die kontinuierlichen Kostensteigerungen sind nicht nur in den Unternehmen ein brandheißes Thema, sondern auch in den österreichischen Privathaushalten. Haben sich die Preise unter anderem bei Lebensmitteln und Wohnungsmieten bereits in den Vorjahren stetig erhöht, kann auch im Jahr 2023 von keiner Entspannung berichtet werden – ganz im Gegenteil. Denn wie eine KSV1870 Umfrage im Herbst gezeigt hat, bemerken 54 Prozent der heimischen Betriebe einen deutlichen Kaufkraftverlust bei den Konsumenten. „Die finanzielle Situation hat sich in diesem Jahr für viele Menschen in Österreich weiter verschärft und mit einer entscheidenden Erleichterung ist unmittelbar leider nicht zu rechnen“, so MMag. Karl-Heinz Götze, MBA, Leiter KSV1870 Insolvenz. Trotz dieser allgemein prekären Lage befinden sich die eröffneten Schuldenregulierungsverfahren weiterhin nicht auf Vorkrisenniveau: Zwar wurden in diesem Jahr mit 8.956 Eröffnungen um 9,5 Prozent mehr private Pleiten gezählt als im vergangenen Jahr, doch auf das Ergebnis des Vorkrisenjahres 2019 (9.456 Privatkonkurse) fehlen nach wie vor rund fünf Prozent. 

Ähnliches Niveau das ganze Jahr über
Wie aus der aktuellen KSV1870 Hochrechnung weiters hervorgeht, wurden in den vier Quartalen des Jahres 2023 jeweils zwischen rund 2.100 und knapp 2.400 private Schuldenregulierungsverfahren eröffnet. Es kann an dieser Stelle somit von einer gewissen Kontinuität gesprochen werden. Während das zweite Quartal mit exakt 2.376 Fällen die intensivste Phase war, war es zwischen Juli und August mit 2.098 Eröffnungen eine Nuance ruhiger. Generell geht Götze aber davon aus, dass die Zahl der Privatkonkurse in nächster Zeit aufgrund der anhaltend hohen Kosten weiter steigen wird: „Aus der Erfahrung heraus wissen wir, dass Privatkonkurse zumeist mit einer gewissen Verzögerung eintreten. In wirtschaftlich turbulenten Zeiten steigen zuerst die Unternehmensinsolvenzen und erst nachgelagert die privaten Pleiten.“ 

Zuwächse in allen Bundesländern mit einer Ausnahme
Parallel zum Anstieg der eröffneten Schuldenregulierungsverfahren auf Bundesebene verzeichnen nahezu alle neun Bundesländer einen (teils deutlichen) Anstieg. Einzig in der Steiermark gibt es mit 1.048 Privatkonkursen um 0,1 Prozent weniger Fälle als im vergangenen Jahr. Ganz anders zeigt sich die Situation im Westen Österreichs: Vorarlberg verzeichnet mit einem Zuwachs von rund 36 Prozent das deutlichste Plus. Darüber hinaus liegt nach absoluten Zahlen weiterhin die Bundeshauptstadt Wien mit rund 2.900 Fällen „in Führung“.

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