„Wer die Generation Z hat, gewinnt auch alle anderen“

Die Generation Z wächst als erste vollständig in einer digitalen Welt auf. Um sie als Konsumenten zu gewinnen, sind jedoch andere Faktoren entscheidend.

Text: Markus Mittermüller

„Wer die Generation Z hat, gewinnt auch alle anderen“

Instagram als Volltreffer? Bei der Fußball-Weltmeisterschaft im Vorjahr wurde Instagram vom Sportartikelhersteller Adidas als eine seiner wichtigsten Social-Media-Plattformen auserkoren. Die jugendliche Zielgruppe sollte auf diesem Kanal Engagement zeigen, Inhalte kommentieren und weiterschicken. Laut der Studie „Die Lieblingsmarken der Deutschen“, 2018 von Brandmeyer Markenberatung durchgeführt, schlägt Adidas seinen Konkurrenten Nike in Sachen Beliebtheit. Besonders auffällig: Bei jungen Deutschen bis 29 Jahre ist zwar Nike nach wie vor Spitzenreiter. Doch auch hier konnte Adidas gegenüber 2016 deutlich aufholen und liegt mit einem Plus von 5,4 % auf Platz zwei.

Es geht um die Z-Kompatibilität der Produkte und Dienstleistungen. Denn wer die Generation Z überzeugt, gewinnt automatisch auch die anderen Jahrgänge.

Ist Social Media der Schlüssel? Wer als Unternehmen die Jugend erreichen will, muss in breiter Form auf Social Media präsent sein. Die Experten entgegnen hier mit einem klaren Nein: „Viele Unternehmen glauben, sie müssten auf allen Kanälen sein – von Instagram über YouTube bis Facebook. Das ergibt aber nur ein diffuses Bild. Maximal ein Kanal und eine gute Website sind besser“, erklärt Christian Scholz. Der Wirtschaftswissenschaftler ist Autor des Buchs „Generation Z: Wie sie tickt, was sie verändert und warum sie uns alle ansteckt“. Er weiß, warum gerade diese Generation (Jahrgänge ab 1995) so wichtig für die Wirtschaft ist: „Es geht um die Z-Kompatibilität der Produkte und Dienstleistungen. Denn wer die Generation Z überzeugt, gewinnt automatisch auch die anderen Jahrgänge.“ Aber wie erreicht ein Unternehmen diese Jugendlichen? Und wie tickt diese Generation, die offensichtlich zum Hecht im Karpfenteich wird?

Das Bild steht im Mittelpunkt. Dass diese Generation die erste ist, die komplett in der digitalen Welt aufwächst, hat Auswirkungen, ist laut Scholz aber überraschenderweise „nicht der entscheidende Schlüssel, um sie zu verstehen. Denn jede Generation hat neue Technologien, die alleine nie verhaltensprägend sind.“ Welchen Einfluss die digitale Kommunikation über soziale Netzwerke dennoch hat, weiß Philipp Ikrath vom Wiener Institut für Jugendkulturforschung: „Sie wachsen in einer Welt auf, wo das Bild immer stärker in den Mittelpunkt rückt. So erklärt sich auch, dass sie immer häufiger Instagram anstelle von Facebook nutzen.“ Mit dem Vormarsch des Bildes rückt auch das Thema Ästhetik ins Zentrum. „Für diese Zielgruppe sind Emotionen wichtiger als Argumente. Die Ästhetik ist wichtiger als früher. Das bedeutet, dass Produkte und Dienstleistungen auf optischer Ebene überzeugen müssen“, so der Jugendforscher.

„Kinder der Krise“ verlangen nach Sicherheit. Das bestätigt auch Bernadette Kamleitner, Leiterin des Instituts für Marketing und KonsumentInnenforschung an der WU Wien. „Unternehmen müssen Angebote schaffen, damit die Jugendlichen sich selbst bildlich inszenieren können“, so Kamleitner. Denn eines ist klar: Die Loyalität oder die Bindung zu einer bestimmten Marke nimmt ab. Eine Ursache dafür vermutet die Marketing-Expertin in der Tatsache, dass die rund um das Jahr 2000 Geborenen „Kinder der Krise“ sind – und viele Umwälzungen von Beginn an miterleben. „Welche Jobs werden künftig von Robotern übernommen? Was vollbringt Künstliche Intelligenz? Fragen wie diese rufen bei dieser Generation auch große Verunsicherung hervor“, betont Kamleitner. Das Bedürfnis nach Sicherheit finden viele in der Selbstoptimierung und durch Flexibilität. „Sie wollen sich viele Türen offen lassen, um gleichzeitig mehr erleben und erfahren zu können“, so die WU-Forscherin.

Drei entscheidende Faktoren. Laut Scholz sind es drei Merkmale, auf die es in der Kommunikation mit diesen Kunden ankommt: Struktur, Sicherheit und der Wohlfühlfaktor. Ein Beispiel dafür sind die Apple Stores: „Diese sind übersichtlich, klar, und ich fühle mich sofort wohl, wenn ich sie betrete. Und sie sind weltweit gleich“, sagt der Wissenschaftler. Wichtig sei, die Komplexität zu reduzieren. Denn ein Fotogeschäft mit 50.000 unterschiedlichen Produkten würden Vertreter der Generation Z niemals betreten. Beim Thema Sicherheit geht es auch darum, dem Unternehmen vertrauen zu können. „Auf arrogante Werbung sollte daher verzichtet werden. Die Devise lautet ‚Weniger Glamour und mehr solide Unternehmenskommunikation‘“, so Scholz. Das Wohlfühlen sei primär ein Zeitgeist-Phänomen und kann etwa das Kauferlebnis betreffen. Wieder zeigt Apple, wie es geht: „In Apples Town Hall in San Francisco steht nicht mehr das Verkaufen im Mittelpunkt, sondern das Erlebnis mit echter Marktplatz-Atmosphäre“, so Scholz. Sogar Livekonzerte finden dort statt. 

Unkritisch bei Schleichwerbung. Und wie sehr fährt die Generation Z auf Influencer ab? Personen mit starker Präsenz in sozialen Netzwerken wurden von der Wirtschaft als ideale Werbeträger identifiziert, die in ihren Postings mehr oder weniger offen gegen Bezahlung für Produkte werben. Eine Untersuchung, die das Institut für Jugendkulturforschung durchgeführt hat, überrascht: „Die Konsumenten stehen Schleichwerbung unkritisch gegenüber. Die Jungen haben kein Problem damit, dass Influencer Werbung betreiben“, so Ikrath. Und Scholz ergänzt: „Influencer haben tatsächlich Einfluss, denn auch sie geben der Generation Z Sicherheit.“

Zurück zum Erfolg von Adidas. Der Sportartikelhersteller hat laut Scholz seine gesamte Unternehmensaktivität auf junge Menschen bis 25 Jahre abgestellt. Und punktet damit auch bei anderen Generationen. „Die Älteren eifern den Jüngeren nach“, so Kamleitner. Wobei Ikrath einwirft, sich durch Schlagworte wie Generation X, Y oder Z nicht blenden zu lassen: „Das sind Begriffe, die im Grunde wenig aussagen, da die Personen sehr unterschiedlich sind. Viel wichtiger für Unternehmen ist es, eine klare Zielgruppensegmentierung zu betreiben.“