Bilderbuch-Pleiten: Der Fall Forstinger

In einem Kellerlokal 1962 von Norbert Forstinger gegründet, ging es für das Unternehmen bis zum Millennium stetig bergauf. Attraktive Preise, ein wachsender Automobilmarkt und eine umsichtige Geschäftsgebarung brachten großen Erfolg. Doch mutige Expansionspläne führten Ende der 1990er Jahre zu finanziellen Engpässen. 2001 musste Forstinger Insolvenz anmelden, konnte aber weitermachen. Es folgten mehrere Eigentümerwechsel. 2018 kam es abermals zur Insolvenz. Das Unternehmen konnte zwar saniert werden – doch nur für kurze Zeit. Heuer, 2023 folgte die dritte Insolvenz. Ob alle guten Dinge drei sind, wird sich zeigen.

Brigitte Dostal

Norbert Forstinger startete im Jahr 1962 in einem Keller sein noch kleines und unbekanntes Unternehmen. Die Idee war einfach und wurde ein voller Erfolg: Alles rund ums Auto mit Top-Beratung und zu Top-Preisen. Schnell wurde der Standort zu klein und bis Ende der 1990er Jahre ging es für Forstinger bergauf. Im Rahmen einer Expansion übernahm das Unternehmen Ende der 90er Jahre von BauMax die PS-Märkte, eine Selbstbedienungs-Kfz-Zubehör-Kette, und eröffnete eigene Werkstätten. Die Folge waren Liquiditätsprobleme aufgrund des zu schnellen Wachstums und die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens 2001. Im Jahr 2002 übernahmen zwei Private Equity Fonds das Unternehmen und reorganisierten es. Neu ausgerichtet konnte Forstinger als Anbieter von Autozubehör und Autoersatzteilen 2004 an die alten Erfolge anschließen - Umsätze und Marktanteile ausbauen. 

Eigentümerwechsel und neue Expansionspläne

Mitte der 00-Jahre kam es zu verschiedenen Eigentümerwechseln und gleichzeitig expandierte das Unternehmen in Österreich und in die Slowakei. 2013 übernahm Klaus Müllner, seit 2011 bei Forstinger Geschäftsführer, die Kette. Er krempelte die Firma um, versuchte auf Franchising zu setzen und mit den Banken einen Schuldenschnitt zu vereinbaren. 2015 wurde das Unternehmen von der PS Markt GmbH übernommen. Sie übte eine reine Holdingfunktion aus und ist Gesellschafterin der Forstinger International GmbH, die zu 100 % Gesellschafterin der Forstinger Österreich GmbH ist. Aber bereits im Geschäftsjahr 2015/16 traten erneut Liquiditätsprobleme auf. Es folgen weitere Sanierungen, die nicht fruchteten. 2018 musste erneut Insolvenz angemeldet werden. 

Altmieten- und Altlieferantenverträge als Hürde

Auch die Sanierungsbemühungen durch die PS Markt GmbH blieben unbelohnt, und das obwohl neue Sortimentsgruppen sogar im zweistelligen Prozentbereich wuchsen. Als zu große Belastung entpuppten sich Altlasten wie Altmiet- und Altlieferantenverträge. Zudem war das Sortiment zu breit und auf neue Trends wie das Internet wurde nicht reagiert. Hinzu kam im Jahr 2018 ein milder Winter, der die Umsätze in manchen Produktgruppen wie etwa Starthilfen oder auch Schneeketten einbrechen ließ. Auch war in diesem Jahr ein massiver Wandel in der Fahrzeugtechnik zu verzeichnen. Viele Autoteile moderner Autos sind codiert und können nicht von den Autobesitzern getauscht werden, was das DIY-Konzept Forstingers erschwerte. 

Klappe, die zweite

Zum Zeitpunkt der zweiten Insolvenz betrieb Forstinger 108 Filialen und 104 Werkstätten mit rund 820 Beschäftigten. Die letztlich zu berücksichtigenden Gläubigerforderungen beliefen sich auf 27,6 Mio. Euro. Der KSV1870 vertrat im Rahmen des Sanierungsverfahrens 150 Gläubiger und war auch Mitglied im Gläubigerausschuss. Im Zuge der Sanierung konnten belastende Altverträge neu ausverhandelt werden. Außerdem wurde das Geschäft mit Firmenkunden gelöst, 18 Filialen geschlossen, aber nur 70 der vormals 820 Mitarbeiter mussten gekündigt werden. Die Gläubiger erhielten eine Sanierungsplanquote von 20 Prozent. Denn der Insolvenzverwalter hatte es geschafft, in kürzester Zeit Altverträge für Standorte neu zu verhandeln und schnell weniger lukrative Standorte zu schließen. Dies zeigt eindrücklich, dass die Kompetenz des Masseverwalters entscheidend für die Quote, aber auch für die Zukunft eines insolventen Betriebs ist. 

Klappe, die dritte. Never ending story?

Forstinger geriet heuer (2023) abermals ins Trudeln und es kam wieder zur Insolvenz. Die Ursachen: Während der COVID-Pandemie kam es zu einer massiven Rückgang der KFZ-Fahrbewegungen und damit zu geringerer Nachfrage. Das Unternehmen litt in der Folge an der gestiegenen Inflation, höheren Gehältern, angezogenen Mieten und dem allgemeinen Rückgang der Kaufkraft. Die harten Zahlen: 87 Filialen - großteils mit Werkstätten, 830 Gläubiger inklusive 550 Dienstnehmer und rund 24 Mio. Euro Passiva, die als Berechnungsgrundlage für die Sanierungsplanquote gelten. Das Restrukturierungskonzept sieht vor, durch eine Reduktion der Filialen, Straffung der internen Abläufe sowie durch verstärkte Werbemaßnahmen wieder in die Gewinnzone zu kommen. 

Die Weichen sind gelegt

Der Insolvenzverwalter hat den Gläubigern die Annahme des Sanierungsplans empfohlen. Der Grund: Mit der Liquidation des Unternehmens hätten sie - bedingt durch eine massive Erhöhung der Forderungen (Schadenersatzansprüche aus gekündigten Mietverträgen, Beendigungsansprüche der verbliebenen rund 500 Dienstnehmer) - lediglich mit einer Zerschlagungsquote im unteren einstelligen Prozentbereich rechnen können. In der am 26.09.2023 stattgefundenen Sanierungsplantagsatzung wurde der angebotene Sanierungsplan in Höhe von 20 % von den Gläubigern angenommen. Ob das Unternehmen nun endgültig den Turnaround und eine nachhaltige Sanierung schafft, wird sich zeigen.