Gläubigerschutz: Forderungsbestreitung und Klägerrolle


Streitigkeiten über die Richtigkeit angemeldeter Forderungen, für die der Rechtsweg zulässig ist und die im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht gerichtsanhängig sind, sind in einem eigenen Prüfungsverfahren auszutragen.

Die Parteirollen werden ausschließlich durch das Gesetz verteilt, nicht durch richterlichen Beschluss. Dem Insolvenzgericht ist nur die Entscheidungsbefugnis eingeräumt, die Klagsfrist zu bemessen (RIS-Justiz RS0065636). Die Frage der Aktivlegitimation oder Passivlegitimation ist zwar in der Regel nur auf Einwendung und nicht von Amts wegen zu prüfen (RIS-Justiz RS0065553). Davon ausgenommen sind jedoch diejenigen Fälle, in denen sich die Prozessgesetze mit der Legitimation beschäftigen. Demnach findet unter anderem im Prüfungsprozess eine amtswegige Prüfung der Legitimation statt (5 Ob 103/72; 1 Ob 625/56; RIS-Justiz RS0065553).

Das Klagebegehren kann in einem Prüfungsprozess nur auf die Gründe, die in der Anmeldung und bei der Prüfungstagsatzung angegeben wurden, gestützt und nicht auf einen höheren Betrag gerichtet werden. Es können also nur solche bestrittenen Forderungen geltend gemacht werden, die schon in der Anmeldung ausreichend substanziiert und konkretisiert wurden (RIS-Justiz RS0065597). Die Forderungsanmeldung hat im Wesentlichen ähnliche Aufgaben wie eine Klage und ist in ihrem Inhalt daher den Erfordernissen für die Klage ähnlich (RIS-Justiz RS0089657). Die anderen Beteiligten sollen dadurch die Forderung beurteilen (RIS-Justiz RS0065449) und auch die Identität der in einer darauffolgenden Feststellungsklage geltend gemachten Ansprüche feststellen können (RIS-Justiz RS0089657 [T3]). Nur so kann auch beurteilt werden, ob im nachfolgenden Prüfungsprozess nicht eine Änderung gegenüber der Forderungsanmeldung vorliegt, die als unzulässig zu beurteilen wäre (vgl RIS-Justiz RS0039281).

Nicht erforderlich ist es, eine rechtliche Qualifikation vorzunehmen. Es müssen aber die anspruchsbegründenden Tatsachen dargelegt werden. Bei vollstreckbaren Forderungen ist der Exekutionstitel anzugeben; so kann der Gläubiger die Anspruchsexistenz in oft besonders qualifizierter Form nachweisen und sich insbesondere für den Bestreitungsfall die Beklagtenrolle sichern.

In einer Prüfungsklage sind alle Änderungen unzulässig, die einer den Streitgegenstand modifizierenden Klagsänderung gleichkommen würden. Bloße Ergänzungen im Tatsachenvorbringen oder im Beweisanbot sind dagegen zulässig, sofern die Forderung schon in der Anmeldung eindeutig individualisiert wurde (RIS-Justiz RS0065597 [T2], RS0039281 [T17]).

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Vorliegens einer vollstreckbaren Forderung ist die Prüfungstagsatzung, in der die betreffende Forderung geprüft wurde, weil wegen der laufenden Klagsfrist Klarheit darüber herrschen muss, wer gegen wen vorzugehen hat. Gegenstand des Prüfungsprozesses ist der Teilnahmeanspruch, so wie er Gegenstand der Prüfungsverhandlung gewesen ist (RIS-Justiz RS0065601).

Meldet ein Insolvenzgläubiger eine nicht titulierte Forderung an, kann ein Insolvenzverwalter nicht – von der Ansicht ausgehend, es läge in Wahrheit eine titulierte Forderung vor – erfolgreich eine Prüfungsklage einbringen. Wenn der Gläubiger (im Anlassfall ausdrücklich) eine nicht titulierte Forderung geltend macht und nichts anderes zu prüfen war, hat sich danach die Verteilung der Parteirollen zu richten. Ein Insolvenzverwalter ist nicht klagslegitimiert, klagt er dennoch, hat das die Abweisung des Klagebegehrens zur Folge (RIS-Justiz RS0065553 [T 4], RS0035170).

ZIK 2016, 194

IO: § 103 Abs 1, § 110OGH 16.3.2016, 7 Ob 6/16g

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