Privatinsolvenz Q1 - Q3 2025

Stillstand bei Privatkonkursen 

Während sich die Zahl der eröffneten Schuldenregulierungsverfahren auf Vorjahresniveau befindet, ist die durchschnittliche Verschuldung aufgrund einzelner Privatkonkurse mit besonders hohen Passiva auf 137.000 Euro gestiegen.

Wien, 10.10.2025 – Laut aktueller KSV1870 Analyse wurden in den ersten drei Quartalen 2025 in Österreich 6.673 Schuldenregulierungsverfahren (- 0,3 %) eröffnet. Das sind durchschnittlich 26 Fälle pro Tag. Den größten Anstieg verzeichnet Kärnten (+ 3,4 %), der größte Rückgang betrifft die Steiermark (- 9,3 %). Weiters zeigt die quartalsweise Analyse, dass das dritte Quartal 2025 – ähnlich wie im Vorjahr – jenes mit den bis dato wenigsten Privatkonkursen des Jahres ist. Gleichzeitig sind die vorläufigen Passiva* gegenüber dem Vorjahr um 20 Prozent auf 913 Mio. Euro angewachsen – das sind rund 137.000 Euro (+ 23.000 Euro) pro Schuldner. Auf Basis aktueller Entwicklungen rechnet der KSV1870 mit bis zu 9.000 eröffneten Schuldenregulierungsverfahren am Jahresende.

Die schwächelnde Wirtschaftslage hat auch Auswirkungen auf die finanzielle Situation der Privatpersonen. Branchen mit geringer Nachfrage erhöhen das Risiko von Arbeitsplatzverlusten, zudem liegt ein Großteil der Preise für Wohnen, Energie und Lebensmittel auf unverändert hohem Niveau, was die Budgets der Privathaushalte weiter belastet. Viele Privatpersonen dürften aufgrund dieser Umstände, aber auch aufgrund der allgemeinen Unsicherheiten sowie geplanter Sparmaßnahmen seitens der Bundesregierung äußerst zurückhaltend agieren. Sie gehen mit ihren finanziellen Ressourcen besonders sorgsam um. Dennoch mussten seit Jahresbeginn 6.673 Schuldenregulierungsverfahren eröffnet werden – das fast ident wie im Vorjahr. „Die aktuellen Ergebnisse bewegen sich in einem Rahmen, wie wir ihn aus der Vergangenheit kennen. Trotz hoher Fixkosten und hoher Zinslast, wodurch monatliche Kreditrückzahlungsraten steigen, gibt es bislang nicht mehr insolvente Privatpersonen als vor Beginn der Omnikrise“, erklärt MMag. Karl-Heinz Götze, MBA, Leiter KSV1870 Insolvenz.

Weiters zeigt die Auswertung: Das dritte Quartal 2025 verzeichnet, ähnlich wie bei den Unternehmensinsolvenzen, die bis dato wenigsten Privatkonkurse des heurigen Jahres – gegenüber dem zweiten Quartal stehen 65 Fälle weniger, gegenüber dem ersten Quartal 95 Fälle weniger zu Buche. Allerdings hat die Vergangenheit jedoch mehrfach gezeigt, dass im dritten Quartal die Insolvenzdynamik geringer ist als in den übrigen Quartalen.

Passiva* steigen weiterhin

Während sich die österreichweiten Fallzahlen kaum verändern, sieht die Situation bei den vorläufigen Passiva* etwas anders aus. Diese sind gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres um 20 Prozent auf insgesamt 913 Mio. Euro gestiegen. Insbesondere in Wien (+ 74,4 %) ist ein deutlicher Anstieg erkennbar, obwohl es in den ersten drei Quartalen des Jahres in der Bundeshauptstadt nur geringfügig mehr Insolvenzfälle (+2,7 %) gab. Geschuldet ist dieser Umstand einzelnen Privatkonkursen mit jeweils sehr hohen Passiva. Ebenso führt Tirol mit + 68,5% die Statistik an – vor allem in erster Linie aufgrund des Insolvenzfalls Karl-Heinz Grasser. Infolge dieser bundesweiten Ergebnisse hat sich in Österreich die durchschnittliche Verschuldung pro Schuldner um 23.000 Euro auf insgesamt 137.000 Euro erhöht.

Prognose 2025: 9.000 Privatkonkurse sind möglich

„Aktuell gibt es wenig Anzeichen, dass sich die wirtschaftliche Situation der Privatpersonen in Österreich in den kommenden Monaten gravierend ändert. Ob sich die Entwicklung des dritten Quartals fortsetzen wird, oder es in den kommenden Monaten wieder mehr Privatkonkurse geben wird, bleibt abzuwarten“, so Götze. Aufgrund der Entwicklung seit Jahresbeginn geht der KSV1870 aus heutiger Sicht davon aus, dass am Ende des laufenden Jahres zwischen 8.800 und 9.000 eröffnete Schuldenregulierungsverfahren zu zählen sein werden. Damit wäre de facto das Vorjahresniveau erreicht. 

2026: Faire Lösung für Entschuldungsdauer gesucht

Unabhängig von der aktuellen Entwicklung braucht es für die im Juli 2026 auslaufende Befristung des Tilgungsplans, der eine 3-jährige Entschuldungsdauer von Privatpersonen vorsieht, eine sinnvolle und gesamtgesellschaftlich faire Lösung. Aus unserer Sicht sollte die Befristung für Privatpersonen auslaufen und damit nur mehr ehemaligen Unternehmern zur Verfügung stehen.

Zum Hintergrund: Im Zuge der Restrukturierungs- und Insolvenz-Richtlinie der EU wurde im Jahr 2021 eine Gesetzesänderung vorgenommen, die es Privatpersonen ermöglicht, sich im Rahmen des sogenannten Tilgungsplans innerhalb von drei Jahren zu entschulden. Gedacht war sie von der EU vorrangig für ehemalige Unternehmer. In Österreich hat der Gesetzgeber diese Verfahren auch Privatpersonen zugänglich gemacht. Dies unter der Annahme, dass die Zahl der Privatkonkurse aufgrund von Corona explodieren würden. Doch das ist nicht eingetreten. Ganz im Gegenteil: Auch fünf Jahre nach Ausbruch der Corona-Krise liegt die Zahl der Privatkonkurse unter jener aus Vorkrisenzeiten (2019). Ergänzend sei erwähnt, dass die Corona-Krise im Jahr 2024 lediglich bei 0,7 Prozent aller Fälle der entscheidende Faktor für den Konkurs war.

Weniger Geld für Gläubiger

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass jede gesetzliche Novelle zulasten der Gläubiger ging. Sprich, sie erhielten immer weniger finanzielle Rückflüsse, wodurch langfristig ihre eigene Finanzstabilität ins Wanken geraten kann.

  • Seit Inkrafttreten der Novelle im Juli 2021 (bis Ende 2024) wurde bei den 3-jährigen Abschöpfungen im Schnitt pro Fall um 31 % weniger Geld zurückbezahlt und verteilt als bei den 5-jährigen Abschöpfungen pro Fall im selben Zeitraum.
  • Ähnliche Situation bei den Zahlungsplanquoten: Vor dem Inkrafttreten des IRÄG (2017) betrug die durchschnittlich abgeschlossene Zahlungsplanquote 32 %, im Jahr 2024 waren es nur noch 25,75 %.  

Abschöpfungsplan wurde ausgehöhlt

Die Entschuldungsdauer von 5 Jahren in der Abschöpfung war vor der jüngsten Novelle im Jahr 2021 in Österreich Standard. Mit der Möglichkeit sich auch in 3 Jahren via Tilgungsplan entschulden zu können, wurde das Verfahren (Abschöpfungsplan) de facto ausgehöhlt.

  • Heute dauern fast alle Abschöpfungsverfahren 3 Jahre (2024: 97 % Tilgungspläne) – nur 3 Prozent aller Abschöpfungsverfahren haben 2024 5 Jahre (Abschöpfungspläne) gedauert. Der 3-jährige Tilgungsplan sollte nur besonders „redlichen privaten Schuldnern“ und ehemaligen Unternehmern offenstehen. In der Praxis aber entschuldet sich fast jeder über den Tilgungsplan. Im Ergebnis bekommen Gläubiger weniger Geld zurück, weil den Schuldnern weniger Zeit für Rückzahlungen bleibt. Das, obwohl es bereits im Jahr 2017 zu einer Reduzierung der Entschuldungsdauer von 7 auf 5 Jahre (inkl. Abschaffung der Mindestquote von 10 %) gekommen ist.

Gesetze müssen für den Regelfall konzipiert sein

Selbst verschuldete Privatinsolvenzen aufgrund von übermäßigem Konsum, Überschätzung oder Fahrlässigkeit belaufen sich 2024 auf 31 %. Die oft genannten Bürgschaften von Schuldnern für Unternehmer oder andere Privatpersonen machen jedoch nur vier Prozent aus. Für derartige und andere Fälle (z.B. bei Krankheit) gibt es in der gelebten Praxis individuelle Lösungen. Kurzum: Gesetze sollten sich an der Mehrzahl der Fälle orientieren und nicht an einzelnen Härtefällen.

Mehr Fairness gefordert: KSV1870 gegen 3-jährige Entschuldungsdauer 

Aufgrund der angeführten Faktoren und der damit verbunden deutlich verminderten Befriedigungschancen von Gläubigern sowie der erhöhten Gefahr von Forderungsausfällen, spricht sich der KSV1870 gegen die Verlängerung der bis zum 17. Juli 2026 laufenden Übergangsfrist zur Anwendung der Bestimmungen über den Tilgungsplan für Verbraucher aus. „Aus unserer Sicht muss die Gesetzgebung auch berücksichtigen, dass im volkswirtschaftlichen Sinne die wirtschaftliche Relevanz von Unternehmern eine andere ist als jene von Privatpersonen. Sie tragen ein höheres finanzielles Risiko, schaffen Arbeitsplätze und tragen damit eine ungleich höhere Verantwortung. Das gehört berücksichtigt“, erklärt Götze.


*) Die Passiva für die ersten drei Quartale 2025 sind vorläufige Werte und beziehen sich auf den Stichtag der Analyse, den 06.10.2025. Im Zuge der fortlaufenden Insolvenzverfahren werden sich diese Passiva noch verändern.

Zu den Unternehmensinsolvenzen 1. - 3. Quartal 2025 im Detail

Zu den Privatkonkursen 1. - 3. Quartal 2025 im Detail