Die steigende Umsatzentwicklung kann nicht über die allgemein schlechte wirtschaftliche Lage vieler Unternehmen hinwegtäuschen. Zudem scheint die Talsohle nicht durchschritten zu sein.

Wien, 29.04.2025 – Österreichs Unternehmen befinden sich weiterhin in wirtschaftlichen Turbulenzen. Nur 43 Prozent der Betriebe bewerten ihre Geschäftslage mit „sehr gut“ oder „gut“ – das sind um sieben Prozentpunkte weniger als im März 2024. Ein schlechteres Ergebnis gab es im Rahmen der Austrian-Business-Check-Umfrage des KSV1870 nur zu Beginn der Corona-Krise im Jahr 2020. Als Hauptgrund dieser Misere wird das insgesamt hohe Kostenniveau angesehen, das es vielen Unternehmen seit geraumer Zeit massiv erschwert, bessere Ergebnisse einzufahren. Zudem sind die Betriebe auch für das Jahr 2025 skeptisch – gerade einmal 19 Prozent erwarten eine wirtschaftliche Verbesserung ihrer Geschäftslage. Weiters hatten die in den vergangenen drei Jahren in Anspruch genommenen Förderungen nur bei jedem fünften Betrieb eine wesentliche Auswirkung auf das Geschäftsergebnis.
Der seit dem Jahr 2021 anhaltende Abwärtstrend geht auch im Jahr 2025 weiter. Die wirtschaftliche Lage vieler Unternehmen spitzt sich infolge einer jahrelang hohen Inflation zu Beginn des dritten Rezessionsjahres in Österreich weiter zu. Laut aktueller KSV1870 Umfrage stufen gerade einmal 43 Prozent der Unternehmen ihre Geschäftslage positiv ein. Dabei zeigen sich teils gravierende branchenspezifische und regionale Unterschiede. Der Dienstleistungssektor weist mit 49 Prozent noch das beste Ergebnis auf, der Handel (29 %) befindet sich hingegen anhaltend im Krisenmodus: „Der Handel ist aktuell das größte Sorgenkind der heimischen Wirtschaft. Einem Großteil der Betriebe bleibt kaum Luft zum Atmen. Das belegen auch die hohen Insolvenzzahlen im ersten Quartal 2025“, erklärt Ricardo-José Vybiral, CEO der KSV1870 Holding AG. Darüber hinaus zeigt die Geschäftslage in der Industrie (32 %) deutlich nach unten – gegenüber dem Vorjahr steht ein Minus von 24 Prozentpunkten zu Buche. Damit zählt die Industrie zu den großen Verlierern im Jahresvergleich: „Das hohe Maß an Bürokratie setzt der heimischen Industrie ganz besonders zu. In Kombination mit den hohen Kosten, der Inflation und internationalen handelspolitischen Risiken ist das ein Mix, der das Leben der Industriebetriebe massiv erschwert“, so Vybiral. Auf Bundesländerebene gestaltet sich die Situation laut Selbsteinschätzung der Unternehmen insbesondere in Vorarlberg schwierig, wo lediglich 20 Prozent der Betriebe eine sehr gute bzw. gute Bewertung abgeben.
Hohes Kostenniveau lässt Umsatzplus verpuffen
Dass die wirtschaftliche Situation vielerorts dermaßen angespannt ist, liegt vor allem auch an dem hohen Kostenniveau, das in Österreich vorherrscht. Zwar haben sich im Vorjahr die Umsätze bei 41 Prozent der befragten Unternehmen verbessert, gleichzeitig haben aber lieferantenseitige Preissteigerungen ebenso wie die hohen Energiekosten dafür gesorgt, dass viele Betriebe ihre finanzielle Gesamtsituation nicht entscheidend verbessern konnten. Bei 31 Prozent haben sich die Umsätze im Vorjahr sogar verschlechtert. Insbesondere im Handel zeigt sich die kritische Lage besonders: So ist es – ausgehend von einem niedrigen Niveau – nur einem Drittel (32 %) gelungen, höhere Umsätze zu erzielen, während 40 Prozent Umsatzeinbußen zu verbuchen hatten.
Prognose 2025: Verbesserung kaum in Sicht
In dieser Tonart dürfte es heuer weitergehen. Denn angesichts der breiten Palette an negativen Einflüssen, mit denen sich die Unternehmen laut Austrian Business Check aktuell konfrontiert sehen, scheint eine wesentliche Verbesserung kaum realisierbar. Aus heutiger Sicht erwarten im Jahresverlauf nur 19 Prozent eine Verbesserung ihrer Geschäftslage. Am positivsten sind die Branchen „Information und Kommunikation“ (37 %), das Gesundheits-/Sozialwesen und die „Erbringung sonstiger wirtschaftlicher Dienstleistungen“ (jeweils 27 %) eingestellt. Der Großteil (49 %) rechnet mit einer gleichbleibenden Entwicklung, 32 Prozent gehen von einer Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Gesamtlage aus. Hier ist unter anderem die Warenproduktion (43 %), der Handel (40 %) oder die Bauwirtschaft (31 %) zu nennen. „Wenn diese Prognose tatsächlich eintritt, wäre das für die heimische Wirtschaft fatal“, so Vybiral. Laut Umfrage werden steigende Personalkosten, steigende Energiekosten und Preiserhöhungen seitens der Lieferanten als jene Faktoren mit dem größten Gefahrenpotenzial für das eigene Geschäft eingestuft.
Auftragslage 2024: Nur ein Drittel sieht Anstieg
Im Vergleich zum Jahr 2023 hat sich die Zahl der Aufträge 2024 sehr unterschiedlich entwickelt. Während 34 Prozent laut eigenen Angaben einen Anstieg verzeichnet haben, sprachen 32 Prozent von einer gleichbleibenden Entwicklung. Bei weiteren 34 Prozent stand am Jahresende sogar eine rückläufige Tendenz zu Buche. Zumindest etwas Grund für Optimismus liefert zum Teil die aktuelle Auftragslage: Denn derzeit sind immerhin 41 Prozent mit dieser zufrieden. Weitere 37 Prozent gaben eine durchschnittliche Bewertung ab, 22 Prozent sprechen von einer rückläufigen Tendenz. So sind insbesondere im Bereich der Finanz-/Versicherungsdienstleistungen (78 %), der Information und Kommunikation (50 %), im Gesundheits-/Sozialwesen und in der Bauwirtschaft (jeweils 43 %) durchaus positive Signale zu vernehmen. Der Handel hinkt mit 27 Prozent hingegen weiterhin zurück. „Ein gute Auftragslage ist ein wichtiger Indikator für die Wirtschaftsentwicklung, doch ob sie sich angesichts der hohen Kosten in einer positiven Geschäftsentwicklung niederschlägt, bleibt abzuwarten, denn schon jetzt wird gespart, wo es nur möglich ist“, so Vybiral.
Kein Geld für mehr Personal
Die Lage am Arbeitsmarkt ist weiterhin angespannt und der Arbeitskräftemangel besteht unverändert. Daran hat sich in den vergangenen zwei Jahren nichts geändert. Laut Austrian Business Check klagen insgesamt 54 Prozent der Unternehmen (23 % sind sehr betroffen) über fehlendes Personal – speziell die Gastronomie (85 %), die Bauwirtschaft (65 %) und das Gesundheits-/Sozialwesen (60 %). Die Auswirkungen auf die Unternehmen sind enorm: Steigende Kosten, um Mitarbeiter zu halten, hohe Zusatzbelastungen (inkl. gesundheitlicher Folgen) für bestehendes Personal und Umsatzeinbußen aufgrund nicht mehr zu erfüllender Aufträge sind die Folgen. Hinzu kommt eine generell steigende Unzufriedenheit bei Mitarbeitern und Kunden. Und dennoch: Aufgrund der finanziellen Einschränkungen besetzen sieben von zehn Betrieben gar nicht oder nur absolut notwendige Stellen nach. „Ein Großteil der Unternehmen steht beim Thema Nachbesetzung massiv auf der Bremse. Für sie ist es ein schmaler Grat zwischen fehlendem Personal und dem Verlust der Wettbewerbsfähigkeit“, erläutert Vybiral.
Zur Umfrage: Im Rahmen des Austrian Business Checks befragt der KSV1870 zweimal pro Jahr Unternehmen in Österreich, wie es um ihre wirtschaftliche Situation bestellt ist. An der aktuellen Umfrage, die gemeinsam mit dem Markt- und Meinungsforschungsinstitut Marketagent durchgeführt wurde, haben im März 2025 rund 1.100 Unternehmen teilgenommen.