Privatkonkurs 2022: Zwei von drei sind Männer

  • Die durchschnittliche Schuldenhöhe lag im Vorjahr bei 111.000 Euro
  • Wien und die 41- bis 60-Jährigen am häufigsten betroffen
  • Burgenland und die Über-60-Jährigen mit höchster Verschuldung pro Schuldner
  • Haftungen bei Frauen zentraler Schuldenfaktor

Eine aktuelle KSV1870 Analyse zu den eröffneten Schuldenregulierungsverfahren im Jahr 2022 zeigt, dass 63 Prozent der Fälle Männer betreffen. Gegenüber dem Jahr 2021 (Männer: 62 %) bedeutet das eine Veränderung von einem Prozentpunkt. Die durchschnittliche Schuldenhöhe betrug im Vorjahr knapp 111.000 Euro, und ist damit um 10.000 Euro niedriger als im Jahr 2021. Die höchsten Schulden im Schnitt verzeichnet das Burgenland mit 183.000 Euro. Deutliche Unterschiede in Sachen Schuldenhöhe gibt es auch zwischen Mann und Frau: Während bei Männern die Schulden im Schnitt 131.000 ausmachen, sind es bei Frauen um 50.000 Euro weniger, also rund 80.000 Euro. Zudem zeigt sich, dass der Schuldenberg mit zunehmendem Alter wächst.

Die Zahl der eröffneten Schuldenregulierungsverfahren ist im Vorjahr gegenüber dem Jahr 2021 um 13,1 Prozent auf 8.176 Fälle gestiegen. Wie die aktuelle KSV1870 Analyse belegt, betreffen 63 Prozent aller privaten Pleiten Männer. Das bedeutet gegenüber dem Vergleichszeitraum 2021 einen Zuwachs von einem Prozentpunkt. „Auch wenn wir uns aktuell in sehr volatilen Zeiten befinden, so sind es vor allem Männer, die mit einer gewissen Konstanz Schulden aufbauen und diese in weiterer Folge häufig nicht mehr bedienen können“, erklärt MMag. Karl-Heinz Götze, MBA, Leiter KSV1870 Insolvenz, und ergänzt: „Die Pandemie ist weiterhin kein Treiber von Privatkonkursen. Wesentlich zentraler wird aber in diesem Jahr die Frage sein, wie sehr sich die steigenden Kosten auf die Pleitenstatistik auswirken werden. Aus heutiger Sicht erwarten wir für das laufende Jahr bis zu 10.000 Privatkonkurse.“ 

Schuldenausmaß reduziert sich

Karl-Heinz Götze
MMag. Karl-Heinz Götze, MBA, Leiter KSV1870 Insolvenz
Credit: Foto: WILKE

Im Jahresvergleich 2021 und 2022 zeigt die aktuelle KSV1870 Analyse eine deutlich verringerte Schuldenhöhe pro Schuldner. Während das durchschnittliche Schuldenausmaß im Jahr 2021 bei 121.000 Euro lag, so ist dieses im Vorjahr auf 111.000 Euro gesunken. Zum Vergleich: Im Jahr 2019, und damit unmittelbar vor Beginn der Corona-Krise, mussten pro eröffnetem Privatkonkurs im Schnitt 148.000 Euro einer Regulierung zugeführt werden. „Menschen sind während einer Krise vorsichtiger und überlegen sich doppelt und dreifach, wofür sie ihr Geld ausgeben. Das wirkt sich auch bei den Schulden aus“, erklärt Götze. Gleichzeitig bestätigt sich der langjährige Trend, dass Männer im Regelfall mit einem höheren Schuldenausmaß zu kämpfen haben als Frauen. Primär lässt sich dieses bei Männern auf eine ehemalige Selbständigkeit und Einkommensverschlechterung zurückführen. Während im vergangenen Jahr Männer mit durchschnittlichen Schulden in der Höhe von 131.000 Euro (2021: 154.000 Euro) den Gang in den Privatkonkurs angetreten haben, waren es bei Frauen 80.000 Euro (2021: 70.000 Euro). 

Österreich-Ergebnis maßgeblich für sämtliche Bundesländer

Die Auswertung zeigt auch, dass die Gesamtzahl der Privatkonkurse je Bundesland keine Auswirkung auf die Höhe des „Männeranteils“ hat. Denn, egal ob in der Bundeshauptstadt mit 2.624 Pleiten oder im Burgenland (138 Fälle), es waren jeweils zwischen 62 und 67 Prozent Männer betroffen. Im Burgenland (67 %) fällt dieser Wert am höchsten aus, in der Steiermark und Wien (je 62 %) am niedrigsten. Weiters wurde laut aktueller Analyse der im Schnitt größte Schuldenberg mit 183.000 Euro im Burgenland angehäuft. Es folgen Kärnten (137.000 Euro) und die Steiermark (129.000). Am verhältnismäßig niedrigsten fällt die durchschnittliche Schuldenhöhe in Wien mit 93.000 Euro aus.

Je älter, desto höher die Schulden

Weiters zeigt die KSV1870 Analyse, dass private Schulden bereits in jungen Jahren zum Problem werden können, weshalb sich der KSV1870 seit Jahren für eine gezielte Finanzbildung bei jungen Menschen einsetzt. Gegenüber dem Jahr 2021 steht im Vorjahr bei den Unter-25-Jährigen eine Steigerung von rund einem Prozentpunkt auf 4,7 Prozent, gemessen an allen Privatinsolvenzen 2022, zu Buche. Zudem ist auch die durchschnittliche Schuldenhöhe dieser Altersgruppe um 3.000 Euro auf insgesamt 44.000 Euro gestiegen. Eine Entwicklung, die aus Sicht des KSV1870 nachdenklich stimmt und einmal mehr die Bedeutung einer fundierten Finanzbildung bereits in der schulischen Laufbahn unterstreicht. Die 25- bis 40-Jährigen waren im vergangenen Jahr für 37,3 Prozent aller österreichweiten Privatkonkurse verantwortlich – mit einer Schuldenhöhe von 69.000 Euro pro Schuldner, was zugleich in etwa dem Niveau des Jahres 2021 entspricht. Die Altersgruppe der 41- bis 60-Jährigen war auch im Vorjahr jene, die sich am häufigsten (48,2 %) mit einem Schuldenregulierungsverfahren konfrontiert sahen. Die durchschnittliche Schuldenhöhe betrug hier, quasi unverändert, 131.000 Euro. Bei den Über-60-Jährigen zeigt sich folgendes Bild: Der prozentuelle Anteil an den österreichweiten Privatkonkursen ist mit 9,8 Prozent leicht rückläufig – mit Schulden in der Höhe von etwa 200.000 Euro pro Schuldner.

Haftungen sind Schuldenfalle für Frauen

Wir sehen bei Gericht immer wieder, dass Frauen unschuldig zum Handkuss kommen und in weiterer Folge für die Schulden ihres Partners oder Ex-Partners geradestehen müssen.

Darüber hinaus fällt auf, dass viele Schuldenregulierungsverfahren von Frauen in direktem Zusammenhang mit gemeinsamen Krediten oder übernommenen Haftungen für Angehörige stehen. Entstehen tun diese Schulden häufig aufgrund notwendiger Kredite, etwa für die Finanzierung von Wohnraum, die nur in den seltensten Fällen ausschließlich durch Ersparnisse gedeckt werden können. Viele Frauen unterschreiben dann Bürgschaften mit, obwohl sie oft nicht unmittelbar auf die Erfüllung des Kredites Einfluss nehmen können. Diese Rechnung geht im Falle einer Trennung häufig nicht mehr auf. „In Kombination mit den zuletzt gestiegenen Kosten in quasi allen Lebensbereichen bringt das insbesondere Frauen sehr häufig in finanzielle Schieflage, aus der sie sich ohne Hilfe nicht mehr befreien können“, so Götze. Aus Sicht des KSV1870 sollten daher Frauen im Vorfeld stärker sensibilisiert werden, welche Konsequenzen aus einer solchen Bürgschaft entstehen können. „Wir sehen bei Gericht immer wieder, dass Frauen unschuldig zum Handkuss kommen und in weiterer Folge für die Schulden ihres Partners oder Ex-Partners geradestehen müssen“, erklärt Götze.

Privatinsolvenzen 2022_Detailanalyse

Die Grafik können Sie hier downloaden. Credit: KSV1870