Eintritt in einen zweiseitigen Vertrag und Subventionen

Masseforderungitiger Vertrag vom Schuldner und dem anderen Teil zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht vollständig erfüllt worden, so kann der Insolvenzverwalter entweder anstelle des Schuldners den Vertrag erfüllen und vom anderen Teil Erfüllung verlangen oder vom Vertrag zurücktreten. Tritt der Insolvenzverwalter in den Vertrag ein, setzt sich das Vertragsverhältnis in materieller und personeller Hinsicht fort. Der Eintritt bewirkt, dass der Vertrag mit unverändertem Inhalt aufrechtbleibt und von beiden Seiten zu erfüllen ist, als gäbe es keine Insolvenz. Die Verpflichtung des Schuldners wird zur Masseschuld (RIS-Justiz RS0064471; 6 Ob 208/13a) und damit zu einer Masseforderung des Gläubigers auf Erfüllung (vgl RIS-Justiz RS0077987; RS0064815). 

Subventionen (Fördermaßnahmen) sind vermögenswerte Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln, die ein Verwaltungsträger oder eine andere mit der Vergabe solcher Mittel betraute Institution einem Privatrechtssubjekt zukommen lässt, wobei sich der Subventionsempfänger zu einem im öffentlichen Interesse gelegenen subventionsgerechten Verhalten verpflichtet (RIS-Justiz RS0018996; RS0018992). Fördert (wie im Anlassfall) der Subventionsgeber ein einheitliches Gesamtprojekt, wobei die Leistungserbringung in der Ingerenz des Schuldners lag und eine Gesamtabrechnung des Projekts nach Ablauf der vereinbarten Dauer entweder zu einer Restzahlung oder einer Rückzahlung des Schuldners führen sollte, stehen die Zuwendungen den vom Schuldner zu erbringenden einzelnen Leistungen nicht unmittelbar gegenüber. Vereinbarungsgemäße Leistungen des Subventionsgebers aus der Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens sind vereinbarte Raten. Es können daher im Verhältnis zu den vom Schuldner erbrachten Leistungen keine „Überzahlungen“ vorliegen, die zur Annahme eines dem Subventionsgeber vor der Eröffnung entstandenen Rückforderungsanspruchs in Form einer Insolvenzforderung führen. Es steht der Masse auch nicht ein Anspruch auf vollständige Bezahlung der nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbrachten Leistungen zu. Vielmehr stehen die Forderungen der Masse aus der Fortführung der Verträge den – nach Legung der aus dem Vertrag geschuldeten Endabrechnung feststehenden – Masseforderungen des Subventionsgebers gegenüber. Eine Aufrechnung ist nach den allgemeinen Bestimmungen des ABGB (RIS-Justiz RS0033974) auch außergerichtlich zulässig. 

 Anmerkung: Ein Fördergeber und ein später insolventer Verein schlossen Förderverträge ab. Die Auszahlung der Förderungen sollte in drei Teilen erfolgen: zunächst 50 % und nach Vorliegen eines Zwischenberichts weitere 35 %, die Restrate – oder aber auch die Rückzahlung bereits ausbezahlter Fördermittel – nach Vorlage und Prüfung einer Endabrechnung. Im Insolvenzverfahren übernahm der Insolvenzverwalter die Erfüllung der Förderverträge. Er begehrte dann vom Fördergeber die vollständige Zahlung für von der Insolvenzmasse aufgewendete, förderungswürdige Kosten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Er machte geltend, der Insolvenzverwalter habe nach Vertragseintritt einen Anspruch auf vollständige Bezahlung von nach der Eröffnung erbrachten Leistungen, wenn der Fördergeber als Vertragspartner vor Insolvenzeröffnung „Überzahlungen“ an den Schuldner geleistet habe. 

 

ZIK 2024/61 
IO: §§ 21, 46 Z 4  
OGH 25.9.2023, 17 Ob 13/23w   

 

Aus dem Magazin forum.ksv - Ausgabe 04/2024.