„Nur Löcher stopfen und Brände löschen wird nicht ausreichen“

Der heimische Wirtschaftsstandort stagniert, die Betriebe müssen sparen, und häufig fehlt der positive Ausblick. Ricardo-José Vybiral spricht im Interview über die aktuelle Situation und skizziert einen möglichen Ausweg.  

Interview: Markus Hinterberger  

 

Nur zu Beginn der Corona-Krise war die Geschäftslage der Betriebe noch schlechter als jetzt. Worauf führen Sie diese Entwicklung zurück?
 

Foto von Ricardo-José Vybiral im Gespräch
Ricardo-José Vybiral, CEO der KSV1870 Holding AG

Um in den Worten von Matthias Horx zu sprechen: Wir befinden uns in einer Omnikrise. Ein Problem folgt dem nächsten, wobei sich auf vielen Ebenen ein genereller Wandel vollzieht. Der kleinste gemeinsame Nenner hinsichtlich der aktuellen Herausforderungen ist das massiv hohe Kostenniveau, das die Wirtschaft insgesamt prägt und schwächt. Und damit büßen die Unternehmen im internationalen Vergleich jeden Tag an Wettbewerbsfähigkeit ein. Viele haben nur mehr minimalen finanziellen Spielraum oder sitzen in der Kostenfalle. Das färbt folglich auf die steigenden Preise für Endverbraucher ab, weshalb viele Privathaushalte weniger konsumieren als noch vor ein oder zwei Jahren.  

Gerade in schlechten Zeiten rückt in den Unternehmen das Thema Risikomanagement verstärkt in den Fokus. Muss aktuell alles den Kosten untergeordnet werden? 

In dieser Hinsicht schlagen in mir zwei Herzen. Es ist klar, dass die Betriebe gerade jetzt besonderes Augenmerk auf ihre Finanzen legen müssen. Noch mehr, als das sonst ohnehin der Fall ist. Wirtschaftliche Ausrutscher darf man sich derzeit keine erlauben. Auf der anderen Seite bin ich aber auch ein Verfechter davon, dass es gerade in Krisenzeiten notwendig ist, gezielte Investments zu tätigen, um neuen Schwung zu bekommen. Ganz ohne finanziellen Einsatz wird es nicht funktionieren, um „wie Phönix aus der Asche aufzuerstehen“ und eine neue Heldengeschichte zu starten. Nur Löcher stopfen und Brände löschen wird am Ende nicht ausreichen, um wettbewerbstauglich zu sein. Zumindest kann es keine Dauerlösung sein.  

Wirtschaftliche Ausrutscher darf man sich derzeit keine erlauben.

 

 

 

 


Sie haben es angesprochen, Ausrutscher dürfen keine passieren. Wie kann die Gefahr von Fehlschlägen reduziert werden?  

Zu wissen, wofür ich trotz aller schwierigen Rahmenbedingungen Geld in die Hand nehme und mit wem ich zusammenarbeite, ist das Gebot der Stunde. Als KSV1870 ist es eine unserer Kernkompetenzen, Unternehmen bei ihren Geschäftsentscheidungen zu unterstützen und damit ihre Risiken zu minimieren. Dafür sind Bonitätsauskünfte ein wesentlicher Hebel. Ganz nach dem Motto „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“. Natürlich spielt Vertrauen in der Wirtschaft eine Rolle, aber als verantwortungsbewusster Unternehmer müssen meine Entscheidungen auf objektiven Informationen basieren.  

Wie kann ein Ausweg aus der aktuellen Krisenstimmung aussehen?  

Am Ende des Tages muss jedes Unternehmen seinen eigenen Weg finden. Gerade in schwierigen Zeiten erachte ich persönlich den Ansatz, maximal fünf Leuchtturmprojekte zu definieren und diese rasch voranzutreiben, als einen sinnvollen Weg. Auch, um innerhalb des Unternehmens zu zeigen, dass trotz Krisenzeiten etwas weitergeht. Dann gelingt es auch, ein positives Momentum zu schaffen, und das brauchen wir aktuell mehr denn je. Ein Beispiel: Vor wenigen Wochen hat JJ den Eurovision Song Contest gewonnen und für ein echtes Momentum gesorgt. Kaum war die Show vorbei, kamen die ersten Reaktionen, ob sich Österreich angesichts des massiven Sparbedarfs ein Event dieser Größenordnung überhaupt leisten kann oder soll. Ich finde, wir müssen es uns leisten, um frischen Wind und neue Impulse zu bekommen. Natürlich wird der ESC 2026 Geld kosten, er bringt aber auch Wertschöpfung und finanziert sich damit zum Teil selbst.    

 

Aus dem Magazin forum.ksv - Ausgabe 02/2025.  

Fotocredit: WILKE