Volatile Zeiten sind vor allem für Ein-Personen-Unternehmen eine veritable Herausforderung: Statt Freiheit und Flexibilität wird die Selbstständigkeit schnell zum Hamsterrad mit Stolpersteinen. Worauf gilt es zu achten, um nachhaltig gesund durch den Verantwortungsdschungel zu kommen.
Text: Christina Mothwurf
Volle Freiheit, volle Verantwortung: Gerade als Einzelunternehmer ist der Grat zwischen Autonomie und Überlastung oft ein sehr schmaler. In Personalunion die strategische Ausrichtung, organisatorische Aufgaben und den Fokus auf das Alltagsgeschäft im Blick zu behalten ist häufig eine Herkulesaufgabe, die klare Regeln, nachhaltige Strukturen und individuelles Risikomanagement braucht. Wenn der strukturelle Rahmen unklar wird, steigt das Belastungsniveau schnell an – und damit auch die Gefahr, ins Burnout zu rutschen. Und das ist alles andere als ein Ausdruck von zu geringer Belastbarkeit, der lange Zeit als „frei gewählte Pause“ in den Köpfen der Menschen als Vorurteil herumgegeistert ist. Ein Burnout ist ein ernst zu nehmender Zustand, der schneller eintritt, als einem lieb ist, gerade bei Personen, die enorm für ihr Business brennen. Mit klaren Regeln, regelmäßiger Selbstreflexion und dem Mut, Aufgaben abzugeben, gelingt der Spagat zwischen beruflichem Erfolg und persönlichem Wohlbefinden.
Aktiv Grenzen setzen.
Das Pareto-Prinzip geht davon aus, dass 80 % der Ergebnisse in 20 % des Gesamtaufwands erreicht werden können.
Grenzen setzen und Nein sagen sind unabdingbar in Sachen Risikomanagement für EPUs. Leichter gesagt als getan? Stimmt. Gleichzeitig muss klar sein: Ohne realistische Zielsetzung und den klaren Blick auf die Grenzen des Machbaren ist selbst der fleißigste Unternehmende kein verlässlicher Partner. Auf die richtige Balance kommt es an – und genau diese wird durch einen strukturierten Tagesablauf gefördert. Definierte Arbeitszeiten mit bewusst geplanten Pausen helfen, den Überblick zu bewahren. Termine zur Erholung gehören genauso in den Kalender wie der nächste Zoom-Call. Das schafft Struktur und erinnert uns daran, einfach mal durchzuatmen. Apropos Überblick: Selbstmanagement-Tools können Klarheit schaffen und sind leicht umzusetzen. Mit der Eisenhower-Matrix beispielsweise lassen sich Aufgaben in Kategorien einteilen. Dadurch wird klarer, was wirklich wichtig ist. Für alle, die in Sachen Zeitmanagement hängen: Das Pareto-Prinzip – auch 80/20-Regel genannt – geht davon aus, dass 80 % der Ergebnisse in 20 % des Gesamtaufwands erreicht werden können. So widersprüchlich es klingen mag: Wer die volle Energie in diese 20 % steckt, hat am Ende mehr Zeit und Energie für andere Tasks.
Einzelkämpfer vereint euch.
Dort, wo keine Sparringspartner für die strategische Ausrichtung und Priorisierung von Aufgaben vorhanden sind, kann ein Netzwerk enorm hilfreich sein. Viele EPUs arbeiten dauerhaft im Homeoffice. Gerade hier verschwimmt die Grenze zwischen Business und Privatleben sehr schnell; außerdem feuert das „einsame Arbeiten“ die Überlastung zusätzlich an. Wenn kein eigener Raum zur Verfügung steht, wo nach Büroschluss auch die Tür tatsächlich zu bleibt, kann das Arbeiten in Co-Working Spaces wahre Wunder bewirken. Besonderer Vorteil: Durch den Austausch mit Gleichgesinnten wird auch die Kreativität gefördert.
Gezielter Support.
Auch wenn es manchmal so scheint: Einzelunternehmer müssen nicht alles selbst erledigen. Aber welche Aufgaben können auch EPUs delegieren und somit mehr Freiraum schaffen? Hier ist die richtige Auswahl an externen Dienstleistern wesentlich: Moderne Buchhaltungssysteme oder Steuerberater können zeitintensive Verwaltungsaufgaben übernehmen. Technischer Support oder der lange geplante Online-Auftritt lassen sich auch ohne großes IT-Budget realisieren – damit wird übrigens auch gängigen DSGVO-Vorgaben oder der Cybersecurity Rechnung getragen. Für den gelungenen Social-Media-Auftritt sind Freelancer eine gute Unterstützung, um Content zu erstellen oder Kanäle zu betreuen – auch das geht ohne großen Griff in die Geldbörse. Um herauszufinden, wo externer Support sinnvoll ist, lohnt sich ein Blick auf folgende Fragen: „Welche Aufgaben gehören nicht zu meinem Kerngeschäft?“, „Was kann ich abgeben?“ bzw. „Bei welchen Tasks ist der Zeitaufwand höher als der Nutzen?“. Hier kann es hilfreich sein, den eigenen Stundensatz als Richtwert anzusetzen und sich die Frage zu stellen, wo es sich lohnt, die eigene (begrenzte) Arbeitszeit zu investieren.
Offline-Zeiten einplanen.
So verlockend es auch sein mag, die dauernde Verfügbarkeit ist ein echter Burnout-Booster. Der bewusste Umgang mit der Bildschirmzeit kann ein erster Schritt sein, auch hier Grenzen zu setzen. Zusätzlich verstellen zu viele Aufgaben oft den Fokus, deshalb lohnt es sich, mögliche Ablenkungsfaktoren auf Pause zu stellen – Mailprogramm schließen, Smartphone auf „Nicht stören“ stellen. Studien zeigen, dass wir bei Aufgaben, die besonders viel Konzentration erfordern, in der Regel zwischen 20 und 45 Minuten brauchen, um nach einer Ablenkung wieder „on track“ zu sein. Wenn man sich vorstellt, dass man an einem Tag „nur“ drei oder vier Mal gestört wird, geht dadurch viel Zeit verloren. Und ganz ehrlich: Keine E-Mail ist so wichtig, dass sie innerhalb von Minuten beantwortet werden müsste. Damit unser interner Arbeitsspeicher nicht dauerhaft überfülltver wird, sind also konkrete Digitalisierungspausen sinnvoll. Niemand muss dauernd erreichbar sein – auch und besonders als Einzelkämpfer eine Prämisse, an die man sich halten sollte.
Burnout-Früherkennung |
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Das eigene Belastungsniveau zu erkennen und zu hinterfragen ist nicht immer leicht. Die zwölf Stadien eines Burnouts helfen, den individuellen Status zu reflektieren. Ab Stadium sieben ist Handlungsbedarf angesagt, die wesentlichen Schritte muss dabei niemand allein setzen: Rechtzeitig professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen kann die Abwärtsspirale aufhalten und rasch neue Perspektiven liefern. Stadium 1: Der Zwang, sich selbst zu beweisen |
Aus dem Magazin forum.ksv - Ausgabe 01/2025.