Recht: Kleidung ein Kündigungsgrund?

Sachverhalt: Die klagende Partei betreibt ein städtisches Linienverkehrsunternehmen und hat für ihre Mitarbeiter Richtlinien für das Tragen von Dienstkleidung (Uniform) festgelegt, um ein einheitliches Erscheinungsbild zu gewährleisten; Haarbänder werden von der klagenden Partei nicht zur Verfügung gestellt. Der Beklagte ist bei der Klägerin als Kraftfahrer im städtischen Linienverkehr beschäftigt. Er befindet sich seit Juni 2014 in Elternteilzeit und trägt seitdem im Dienst ein rosafarbenes Haarband, womit er seine langen Haare zusammenhält. Einer mündlichen Weisung der Klägerin, das Haarband abzunehmen, kam der Beklagte nicht nach. Die Klägerin begehrte vom Gericht die Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung des Dienstverhältnisses, weil er gegen ihre Weisung, das Haarband abzunehmen, verstoßen und damit seine dienstvertraglichen Pflichten verletzt habe. Die Klage war nicht erfolgreich.

Entscheidung: Während der Inanspruchnahme von Elternteilzeit gilt ein besonderer Kündigungs- und Entlassungsschutz. Grundsätzlich kann eine Kündigung nur dann rechtswirksam erfolgen, wenn vorher die Zustimmung des Gerichts eingeholt wurde. Eine Kündigung des in Elternteilzeit befindlichen Beklagten ist nach dem Väterkarenzgesetz („VKG“) dann möglich, wenn der Dienstgeber den Nachweis erbringt, dass die Kündigung durch Umstände, die in der Person des Dienstnehmers gelegen sind und die betrieblichen Interessen nachteilig berühren, begründet ist und die Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses unzumutbar ist.
 
Grundsätzlich kommt dem Arbeitgeber innerhalb des durch den Dienstvertrag vorgegebenen Rahmens ein Weisungsrecht hinsichtlich der Bekleidung des Angestellten zu. Dabei ist aber das Recht des Arbeitnehmers auf den Schutz seiner Persönlichkeit zu achten. Berührt die Weisung das Recht auf Persönlichkeitsschutz des Arbeitnehmers, so hat eine Abwägung der gegenteiligen Interessen stattzufinden. Im vorliegenden Fall ging diese Interessenabwägung zulasten der Klägerin. Weshalb Fahrgäste an der Professionalität und Seriosität eines im öffentlichen Verkehr tätigen Buslenkers zweifeln sollten, nur weil dieser ein funktionelles, wenn auch farblich auffallendes Haarband trägt, wurde von der Klägerin nicht nachvollziehbar dargelegt. Den von der Klägerin vorgetragenen Sicherheitsaspekten, wonach gerade im Gefahrenfall erkennbar sein soll, wer der Fahrer ist, wird schon durch die von ihr vorgegebene Bekleidungsvorschrift (Uniform), an die sich der Beklagte hält, ausreichend Rechnung getragen. Durch das Nichtbefolgen einer ungerechtfertigten Weisung des Dienstgebers konnte der Beklagte somit keine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzen. Die gerichtliche Zustimmung zur Kündigung wurde daher nicht erteilt.
 
Anmerkung: Der Arbeitnehmer hat auch im dienstlichen Bereich eine Privatsphäre, die es ihm üblicherweise gestattet, seine Kleidung und seinen Schmuck frei zu wählen. Ebenso unterfallen regelmäßig die Wahl der Haartracht (insbesondere Haarlänge), Piercings oder Tätowierungen dem Persönlichkeitsrecht. Doch auch in diesen Bereichen können sich Grenzen der Persönlichkeitsrechte ergeben, insbesondere wenn das Äußere des Arbeitnehmers von weiten Bevölkerungskreisen als unkorrekt oder unseriös wahrgenommen und ihm so das erforderliche Vertrauen nicht entgegengebracht wird. So hat der OGH in einer älteren Entscheidung (8 ObA 195/98d) eine Weisung für zulässig erachtet, wonach einem Bankmitarbeiter im allgemeinen Bankbereich das sichtbare Tragen einer auffallenden großen Goldkette untersagt wurde.
 
(OGH 24.9.2015, 9 ObA 82/15x)

Kontakt: Rechtsanwälte Andréewitch & Simon

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