Jedes zweite Unternehmen in Österreich leidet aktuell unter Personalmangel. Doch anstatt kräftig nachzubesetzen, halten sich die Betriebe aus Kostengründen zurück. Das hat Folgen für Mitarbeiter, Kunden und den gesamten Standort.
Der Arbeitskräftemangel ist längst ein alter Hase auf der Liste der Herausforderungen österreichischer Unternehmen. Seit Jahren begleitet er die heimische Wirtschaft und hat sich zum Dauerproblem entwickelt. Aus unserem aktuellen Austrian Business Check geht hervor, dass 54 % der Unternehmen von Personalknappheit betroffen sind. Besonders hart trifft es Gastronomie und Beherbergung (85 %), die Bauwirtschaft (65 %) sowie das Gesundheits- und Sozialwesen (60 %). Dass fast 70 % der Betriebe offene Stellen nicht nachbesetzen, kommt vermutlich nicht überraschend. Warum aber wird nicht nachbesetzt?
Für die Unternehmen ist klar: Die Kosten sind der größte Schmerzpunkt. Energie, Finanzierung, Rohstoffe, Zölle, Löhne, Nebenkosten, Inflation – die Belastung ist enorm. Viele Betriebe sparen, wo sie können, und versuchen, mit bestehenden Ressourcen möglichst lange auszukommen. Doch das kann kein Modell für die Zukunft sein. Wer nur spart, verliert irgendwann den Anschluss. Damit der Standort wieder zukunftsfähig wird, braucht es Entlastungen und Investitionen. Fünf Dinge stehen dabei aus meiner Sicht im Mittelpunkt:
1. Industrie stärken
Die Industrie macht rund 25 % der Wertschöpfung im Land aus und ist ein zentraler Arbeitgeber. In manchen Regionen hängt die wirtschaftliche Stabilität direkt an einzelnen Leitbetrieben, die hunderte oder gar tausende Arbeitsplätze sichern. Wenn diese Unternehmen investieren, entstehen neue Jobs und Wertschöpfung in der gesamten Region. Genau deshalb braucht es gezielte Impulse, damit die Industrie im Land bleibt, Vertrauen fasst und in den Standort investiert.
2. Bürokratie abbauen
Da dem Staat aktuell nur wenig finanzieller Spielraum bleibt, ist die Entlastung der Unternehmen vor allem über Bürokratieabbau ein Schritt in die richtige Richtung. Weniger Auflagen, schnellere Genehmigungsverfahren und geringere Dokumentationspflichten können einen spürbaren Unterschied machen. Derzeit verlieren Betriebe wertvolle Zeit und Ressourcen im Dickicht der Vorschriften. Zeit, die eigentlich in Wachstum und Innovation fließen sollte. Was es braucht, sind keine kosmetischen Anpassungen, sondern tiefgreifende Reformen, die Unternehmen tatsächlich entlasten.
3. Vertrauen schaffen und Nachfrage ankurbeln
Ein weiteres Hindernis ist die schwache Inlandsnachfrage. Momentan bunkern die Menschen ihr Geld, statt es auszugeben. Diese Unsicherheit lähmt die Wirtschaft zusätzlich. Es ist daher dringend notwendig, ein positives Zukunftsbild zu entwickeln , sodass wieder Vertrauen und Zuversicht aufkommen. Wenn Konsumenten und Unternehmen wieder eine Perspektive haben, steigen Konsum- und Investitionsbereitschaft. Jedoch sollten Förderungen dabei nicht wahllos mit der Gießkanne verteilt werden, sondern gezielt in jene Zukunftsthemen fließen, die den größten Hebel für Wachstum und Beschäftigung haben.
4. Förderungen bündeln
Die öffentliche Hand unterstützt aktuell viele Bereiche parallel, aber oft ohne klare Priorisierung. Damit Förderungen tatsächlich Wirkung entfalten, sollten sie strategisch gebündelt werden. Zukunftsrelevante Themen wie Digitalisierung, Mobilität, Forschung und Entwicklung sowie Energieversorgung brauchen längerfristige Programme, die Unternehmen Planungssicherheit geben. Auch sollten sie die großen Themen der nächsten 5 bis 10 Jahre adressieren, die Wirtschaft und Gesellschaft stark betreffen werden. Nur so entstehen sinnvolle Impulse, die langfristig relevanten Output bringen.
5. Leuchtturmprojekte auf die „Fastlane“ bringen
Um Österreich wirtschaftlich wieder auf die Überholspur zu bringen, braucht es Leuchtturmprojekte, die mit schnellen Genehmigungsverfahren und klarer politischer Unterstützung umgesetzt werden. Statt jahrelanger Diskussionen und Verzögerungen sollten zentrale Projekte, etwa in den Bereichen Energie, Industrie, Klima oder Entbürokratisierung auf einer „Fastlane“ abgewickelt werden. Solche Projekte hätten nicht nur große Wirkung auf die Wertschöpfung, sondern auch auf das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit von Politik und Wirtschaft.
Kurz zusammengefasst
Damit Österreich wirtschaftlich stark bleibt, müssen die richtigen Weichen gestellt werden: Industrie fördern, Bürokratie abbauen, Inlandsnachfrage ankurbeln, Förderungen bündeln – und vor allem Vertrauen schaffen. Die Wirtschaftstreibenden wie auch die Privatpersonen brauchen wieder ein klares Bild, wo die Reise in diesem Land mittelfristig hingehen soll. Dann steigt auch die Zuversicht und es wächst die Bereitschaft, zu konsumieren und zu investieren.