Ob Big Player, KMU oder Start-up: Am Anfang war (fast immer) die Idee. Welche Erfindungen per Patent geschützt werden können, wie man das am besten macht, was es kostet und was es, abgesehen von einer Urkunde an der Bürowand, bringen kann.
Text: Harald Klöckl
„Den schnürfreien Lederfußball hat kein einzelner Erfinder entwickelt, sondern er entstand in den späten 1940er bis 1950er Jahren durch den Einsatz von Gummiventilen und das technische Know-how fortschrittlicher Hersteller wie Adidas und Mitre.“ Das wirft der Chatbot ChatGPT auf die Frage aus, wer das Sportgerät erfunden hat, das seither Kickern Kopfbälle mit geringerer Verletzungsgefahr als zuvor (als nämlich die Lederkugeln noch dicke Nähte hatten) ermöglicht.
Die Entwicklung des Fußballs als Sportgerät wäre eine andere Geschichte, ein Teil davon wurde jedenfalls in Österreich geschrieben, und ChatGPT wusste das nicht: Schon 1936 (und nicht in den „1940er bis 1950er Jahren“) stellte Viktor Peternell in Österreich den ersten „schnürungslosen Fußball aus Leder“ her. „Ein Patent zu haben heißt nicht, dass automatisch das Geld fließt, es braucht immer auch gutes Marketing“, weiß Thomas Fellner, Vizepräsident und Leiter der „Gruppe Erfindungen“ beim Österreichischen Patentamt. „Ein Patent ist so etwas wie ein zeitlich und territorial beschränktes Monopol, das andere von der Nutzung exakt dieser technischen Lösung ausschließt.“
Was patentiert werden kann.
Für Start-ups und für innovative KMU hat geistiges Eigentum unter allen Unternehmen vielleicht das größte Gewicht.
„Für Start-ups und für innovative KMU hat geistiges Eigentum unter allen Unternehmen vielleicht das größte Gewicht. Es lohnt sich also, Wissen über Erfindungsschutz aufzubauen und frühzeitig bei den eigenen Entwicklungen zu berücksichtigen. Das Patentamt hilft dabei mit Services und Schulungsangeboten, wir sind für Hilfe und Auskünfte erreichbar, von allgemeinen bis zu spezifischen Fragen“, sagt Fellner. Die Idee muss neu und erfinderisch sein, darf zum Zeitpunkt der Anmeldung nicht veröffentlicht und nicht verkauft sein. Die Erfindung muss technischen Charakter haben, egal, ob Lowtech oder Hightech. Paradebeispiel für Ersteres ist beim Patentamt die Patentierung einer Augenbrauenschablone durch eine Kosmetikerin. Nicht patentfähig sind unter anderem wissenschaftliche Theorien, ästhetische Formschöpfungen, Geschäftsideen, Spiele sowie vermeintliche Erfindungen, die den Naturgesetzen widersprechen und damit nicht ausführbar sind. Computerprogramme als solche sind nicht patentierbar.
Ob die eigene Idee schon erfunden und (mit Patent irgendwo auf der Welt) geschützt ist, kann auf mehrere Arten erkundet werden. Etwa, indem man auf der Website worldwide.espacenet.com über 140 Millionen Patentdokumente durchforstet. Effizienter ist vermutlich eine Recherche des Patentamts. Binnen sechs Wochen gibt es ein Ergebnis, der Service kostet 238 Euro.
An den Kosten scheitert es nicht.
Der wichtigste Schritt zum Schutz ist die Anmeldung beim Patentamt, mit genauer und vollständiger Beschreibung der Erfindung. Die Anmeldung gibt es ab 322 Euro, wenn das Patent erteilt wird, sind weitere 208 Euro fällig. Profirecherche und Prüfung auf Patentierbarkeit sind inkludiert, sodass sich gleich abschätzen lässt, ob eine zusätzliche Anmeldung als europäisches Patent sinnvoll ist. Durch das 2023 eingeführte Einheitspatent können in 18 EU-Ländern die anschließenden Jahresgebühren deutlich verringert werden. Oder man entscheidet sich gar für Patentschutz in Asien oder den USA, etwa über eine internationale Anmeldung (PCT).
Diese Kosten in Österreich sollten für die meisten Erfinder keine allzu große finanzielle Hürde sein. Dennoch gibt es eine Reihe von Förderungen, etwa den Patent-Scheck. Dieser deckt 80 % der Kosten bzw. bis zu 10.000 Euro, die rund um eine Patentanmeldung anfallen. Mit einer weiteren Förderung bei Patent- (sowie auch Marken- und Design-)Anmeldungen im Jahr 2025 kann man sich bis zu 75 % der Gebühren oder maximal 5.700 Euro zurückholen.
Früher oder später veröffentlichen?
Ab der Veröffentlichung der Anmeldung (nach spätestens 18 Monaten, auf Wunsch auch früher) ist die Erfindung vorläufig geschützt, falls das Patent letztlich erteilt wird. Wer sich lediglich einen Anmeldetag sichern, aber noch keine Prüfung möchte, kann die Provisorische Anmeldung (PRIO) nutzen. Sie kostet nur 50 Euro und ist eine Art Geburtsurkunde der Erfindung, die später binnen zwölf Monaten mittels Zahlung der restlichen Gebühren auf eine reguläre Patentanmeldung „upgegradet“ werden kann.
Patentprüfer arbeiten „top secret“.
„Wir müssen selten etwas vollständig zurückweisen“, erzählt Fellner. Im Normalfall wird ein paar Mal mit dem Patentanwalt hin und her kommuniziert, etwa um Anspruchsmerkmale besser zu definieren oder indem der Schutzumfang eingeschränkt wird. „Es geht immer sehr sachlich zu, wir wollen ja keine Patente verhindern. Aber auch nicht zu weit gehende Schutzrechte erteilen.“
Beim Österreichischen Patentamt werken über 100 Personen in der „Gruppe Erfindungen“, davon die meisten als technische Experten in der Patentprüfung. Diese haben Universitätsstudien in Technik oder Naturwissenschaften und eine mindestens einjährige Ausbildung im Patentamt absolviert. Die Patentprüfer entscheiden jeweils allein über die Erteilung von Patenten, es werden keinerlei externe Gutachter herangezogen. Dies auch, weil ungeschützte Erfindungen naturgemäß „top secret“ bleiben müssen. „Erfahrung ist bei der Beurteilung ein großer Faktor“, so Thomas Fellner, der seit 1992 beim Patentamt arbeitet, „viele Erfindungen spielen in mehrere Disziplinen hinein.“ Steht am Ende eine Ablehnung des Patentschutzes, dann basiert diese nicht auf den Ergebnissen des einzelnen Prüfers, sondern immer auf der Entscheidung eines Dreiersenats von Prüfern. Dann gibt es leider nicht einmal eine hübsche Urkunde für die Bürowand. Aber viel Erfindererfahrung, die das investierte Geld vielleicht dennoch aufgewogen hat. Und wer weitertüftelt, könnte schon beim nächsten Anlauf erfolgreich sein.
Aus dem Magazin forum.ksv - Ausgabe 02/2025.