Dem Mission Statement „Bildung für alle“ folgend, ist die Förderung des Finanzwissens Teil des Bildungsauftrags der Wiener Volkshochschulen. Die Umsetzung von Financial-Literacy-Angeboten erfolgt mit kompetenten Partnerinnen und Partnern.
Gastbeitrag von Walter Schuster
Financial Literacy zählt zu den zentralen Bildungsaufgaben von Volkshochschulen. In der über 135-jährigen Geschichte der Wiener Volkshochschulen standen von Beginn an die Vermittlung von Wissen und die Stärkung gesellschaftlicher Beteiligung im Vordergrund. Gesellschaftliche Teilhabemöglichkeiten sind eng mit der Kenntnis gesellschaftlicher, politischer und wirtschaftlicher Strukturen und Zusammenhänge verbunden. Die Wiener Volkshochschulen leisten auch aktuell einen wesentlichen Beitrag zur Lebensqualität und der gesellschaftlichen Teilhabe aller Menschen in Wien. Eine dieser Säulen, die zu Eigenverantwortung, Mitverantwortung, Empowerment und gesellschaftlicher Inklusion beiträgt, ist Finanzbildung bzw. Financial Literacy. Bildungskonzepte zu Financial Literacy dürfen dabei nicht zum politischen Feigenblatt für soziale Ungerechtigkeiten und Ausschlussmechanismen werden, sie leisten aber einen wesentlichen Beitrag zum Erkennen von Eigenverantwortung und Abhängigkeit und erschließen Handlungsmöglichkeiten.
Financial Literacy ist ein Bildungsauftrag, unabhängig vom Alter, und ein wichtiges Bildungsziel von elementarer Pädagogik, schulischer Bildung und der Erwachsenenbildung.
Financial Literacy an den Wiener Volkshochschulen
Da „Bildung für alle“ das zentrale Mission Statement der Wiener Volkshochschulen ist, braucht es, um tatsächlich möglichst alle erreichen zu können, eine differenzierte Angebotsstruktur, die auf unterschiedliche Anspruchsgruppen abgestimmt ist. Financial Literacy wird daher in unterschiedlichen Geschäftsbereichen der Wiener Volkshochschulen in Lernprozesse integriert bzw. explizit als solche gestaltet und in verschiedenen Lernsettings zielgruppenadäquat methodisch und didaktisch umgesetzt. Wichtig ist uns dabei die Einbeziehung externer Organisationen und Expertinnen und Experten wie der Wirtschaftsuniversität Wien oder des KSV1870.
Financial Literacy wird als „Unterrichtsprinzip“ und explizites Bildungsangebot zu konkreten Themen und Fragestellungen umgesetzt. Themen von Finanzbildung werden sowohl im Rahmen kostenpflichtiger Angebote als auch in Angebotssegmenten, die für Lernende kostenlos sind, realisiert. Kostenpflichtige Bildungsangebote zu unterschiedlichen Finanzthemen finden sich v. a. im klassischen Kurs- und Vortragsangebot der Wiener Volkshochschulen. Eine spezielle Angebotsschiene stellen hier Vorträge im Rahmen von „Science“ dar, die von Lehrenden und Forschenden aus universitären Kontexten gehalten werden, in unserem konkreten Fall etwa von Angehörigen der WU Wien. Financial Literacy ist im Sinne eines „Unterrichtsprinzips“ aber auch Bestandteil bei Deutschkursen oder im zweiten Bildungsweg bei den Vorbereitungskursen zur Berufsreifeprüfung. Es gibt jedoch auch in diesem Kurssegment für offene Zielgruppen seit vielen Jahren die Bestrebung, kostenlose Bildungsangebote in sehr unterschiedlichen Lernsettings und an Lernorten auch außerhalb der VHS durchzuführen. So werden beispielsweise Lernorte im öffentlichen Raum geschaffen oder Kooperationen wie mit wohnpartner-wien oder Sozialmärkten eingegangen. Ebenso fließen Finanzthemen in kostenlose Kurse ein, die von Bezirksvorstehungen gefördert werden.
Ein großes Angebotssegment der Wiener Volkshochschulen stellen drittmittelgeförderte Geschäftsbereiche dar, wo Teilnehmende kostenlos Aus- und Weiterbildungen absolvieren können. Beispiele dafür sind Basisbildung, der ePSA (erwachsenengerechter Pflichtschulabschluss) oder CONNECT (Nachholen der neunten Schulstufe). Bei all diesen Projekten findet nicht nur Unterricht statt, sondern stellt sozialpädagogische Arbeit mit den Teilnehmenden einen wesentlichen Erfolgsfaktor dar. Gerade in der sozialpädagogischen Begleitung wird die Bedeutung von Financial Literacy bei der Arbeit mit (jungen) Erwachsenen deutlich. Aufgrund der Alltagsbezogenheit von Basisbildung nehmen Consumer und Financial Literacy einen großen Platz ein, wie etwa beim Thema Wohnen oder alltägliche Verträge. Besonders wichtig ist hier der unmittelbare Alltagsbezug zu den Lebenswelten der Teilnehmenden und die Einbeziehung der Erfahrungen und Bedarfe der Lernenden.
Die Anschaulichkeit und Alltagsnähe können insbesondere auch durch die Einbeziehung externer Expertinnen und Experten gefördert werden. Hervorragende Erfahrungen konnten wir an der VHS Meidling durch die Kooperation mit einem weiteren Meidlinger Unternehmen, dem KSV1870, machen. Die Expertise sowie die Erfahrungsberichte aus erster Hand konnten bei den Lehrgangsteilnehmenden von CONNECT, Pflichtschulabschluss und Basisbildung sowohl das Wissen, v. a. aber die Sensibilisierung für Geld- und Finanzthemen nachhaltig fördern. Den Kopf in den Sand zu stecken und nichts zu tun ist nicht die Lösung. Weder für unsere Teilnehmenden als mündige Bürgerinnen und Bürger noch für uns als Bildungsanbieterin. Wir freuen uns, mit dem KSV1870 und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen kompetenten und verlässlichen Partner bei unserer Bildungsarbeit zu Financial Literacy zu haben.
Zum Autor:
Mag. Walter Schuster, MSC, MSC ist Direktor der VHS Meidling und Bereichsleiter für Pädagogik und Entwicklung. Außerdem ist er als Prokurist der Die Wiener Volkshochschulen GmbH tätig.